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Berlin: Theater, wie es euch gefällt

Die Shakespeare Company Berlin will eine volksnahe Bühne hinter der East Side Gallery bauen – nach dem Vorbild des Londoner Globe Theatre

Ein Theater, wie es Shakespeare für seine Truppe entwarf – das könnte bald auch in Berlin stehen. Am Ufer der Spree, im neu geplanten Park an der Friedrichshainer East Side Gallery, will die Shakespeare Company Berlin ein Theaterhaus bauen, das ganz auf die Stücke des englischen Dramatikers zugeschnitten ist: 16-eckig, nach oben offen, ganz ohne Kulissen. Ein Haus für Volkstheater, ein Haus, in dem kein Zuschauer mehr als 12 Meter weg von der Bühne sitzt.

„Wir haben versucht die Philosophie des Mittelalters zu übernehmen“, sagt Architekt Hans-Joachim Prast. „Das Schauspieler sollen in einem ständigen engen Kontakt zu den Zuschauern stehen.“ Wie das 1599 in London eröffnete Original soll das Berliner Globe Theater ein Rundbau sein. Anders als sein berühmter Vorgänger jedoch wird das Friedrichshainer Pendant ein Dach bekommen, eines zum Aufklappen allerdings. „Das Dach lässt sich wie ein Blume schließen und zackenförmig wie eine Krone aufstellen“, sagt Prast. Auch das eine Reminiszenz an Shakespeare: die goldfarbigen, gläsernen Zacken sollen an die Krone von König Lear erinnern.

Ein weiterer Tribut an den großen Dramatiker: Der puristische Bau lässt sich transportieren. „Die Shakespearesche Truppe ist mit ihren Stücken von Dorf zu Dorf gezogen“, sagt Architekt Rainer-Michael Klotz, der das Projekt mit seinem früheren Studienkollegen Prast entwarf. Das Berliner Globe Theater wird deshalb aus verschiedenen Modulen bestehen, die sich ineinander stecken und für eine Reise wieder auseinander bauen lassen. Theater unterwegs – für konkrete Tourneepläne ist es noch zu früh.

Damit die Gäste des dreistöckigen Baus Theater wie zu Shakespeares Zeiten erleben können, ist die Bühne extrem schlicht gehalten. Keine Kulissen, kaum Bühnentechnik. Lediglich vier Säulen, hinter denen sich Schauspieler verstecken können, sollen die Ecken säumen. Die besten Plätze sind möglicherweise dort: Wie in Shakespeares Dramen können die Zuschauer mit Zwischenrufen von dort das Stück beeinflussen. „Wir wollen den Stücken Shakespeares die Bühne zurückgeben, für die sie geschrieben wurden“, sagt Schauspieler, Regisseur und Gründer der Shakespeare Company, Christian Leonard. „Wir wollen zurück zu den Ursprüngen.“ Bei den Berlinern glaubt der 40-Jährige damit richtig zu liegen: „Berliner wollen nicht mit Effekten überschüttet werden.“

Rund fünf Millionen Euro soll das für 750 Besucher konzipierte Theater nach Schätzungen der Architekten kosten. Leonard will das Geld allein aus privater Hand auftreiben. Der Förderverein „shake hands“ und prominente Unterstützer helfen. „Die Chancen, dass wir das Geld zusammenbekommen, sind sehr, sehr aussichtsreich“, sagt Petra Eyferth, die zugleich Mitglied der Theatergruppe und des Fördervereins ist.

Volle Ränge erhoffen sich die Theatermacher unter anderem durch moderate Eintrittspreise. Der niedrigste Eintrittspreis werde bei fünf, der höchste bei 28 Euro liegen. „Die Hemmschwelle, ins Theater zu gehen, soll möglichst niedrig sein“, sagt Eyferth. „Jeder, wirklich jeder soll sich eine Karte leisten können.“

Christian Leonard, der am Freitag bei Filmarbeiten im Hunsrück war, verfolgt die Idee eines eigenen Hauses bereits seit 15 Jahren. Mehr als 60 Standorte in der Stadt prüfte er, unter anderem auch die Museumsinsel. Am Ende entschied er sich für die East Side Gallery, die mit künftiger Groß-Arena und Entertainmentviertel viele Besucher anzuziehen verspricht. „Der Standort ist ideal“, sagt Eyferth. „Er gehört zu den drei, die wir favorisiert haben.“ Parkplätze unweit der geplanten Arena, ein Schiffsanleger, der an der Spree gebaut werden soll und eine angenehme Atmosphäre in dem künftigen Park – „Alles hat für diesen Standort gesprochen“, sagt Eyferth.

Nicht zuletzt sollte das Globe unbedingt am Wasser sein. „Sein historischer Vorgänger liegt schließlich auch an der Themse“, sagt Klotz. Einen zusätzlichen dramatischen Effekt eröffnet die Uferlage zudem: „Nach dem Ende des Stückes könnte sich der rückwärtige Teil der Bühne öffnen“, sagt Klotz. „Und den Blick auf das dahinter liegende Wasser freigeben.“

Noch muss der Bezirk den Bauplänen zustimmen. Doch die Theaterleute sind optimistisch, dass ihr Antrag durchgeht. Zum 440. Geburtstag des großen englischen Dramatikers am 23. April 2004 wollen sie den Grundstein für das neue Haus legen. Und wenn möglich gleich ihr erstes Stück am Ufer der Spree zeigen. In einem Zirkuszelt zunächst.

Frauke Herweg

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