zum Hauptinhalt

Berlin: Thekentanz: Bar im Opernpalais

Dass in Mitte eine Bar eröffnet wird, ist inzwischen etwa so aufregend wie die Krawatten von Klaus Wowereit. Dennoch bleibt eine gewisse Neugier erhalten - es könnte ja sein, dass etwas Experimentelles dabei ist (nein, nicht bei den Wowi-Schlipsen).

Von Frank Jansen

Dass in Mitte eine Bar eröffnet wird, ist inzwischen etwa so aufregend wie die Krawatten von Klaus Wowereit. Dennoch bleibt eine gewisse Neugier erhalten - es könnte ja sein, dass etwas Experimentelles dabei ist (nein, nicht bei den Wowi-Schlipsen). Eine Bar vielleicht, die mehr zu bieten hat als den obligaten Metropolen-Chic. Das neue Lokal, von dem die Rede ist, hat sich zumindest in der Mundpropaganda als Unikum etabliert: Von Video-Installationen ist die Rede, und auch noch von guten Drinks. Schauen wir mal nach.

Der Ort ist schon ein wenig ungewöhnlich. Das Opernpalais mit seinem Café gilt als legendärer Tortenbunker, den vor allem Touristen und Herrschaften reiferen Alters bevölkern. Eine Cocktailbar mit dem Reiz des Experimentellen scheint nicht recht zu diesem Wuchtbau zu passen. Doch eine junge Crew hat es gewagt. Tatsächlich ist der Anblick etwas seltsam.

Auf dem hellen Plastikparkett stehen, scheinbar wahllos im großen Quadratraum verteilt, mächtige Pflanzen. Dazwischen ist viel zugiger Freiraum, ringsum sind viereckige, vanillefarbene Tische drapiert. Einige sind groß genug für zahlreiche Drinks und ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel. Die roten, sachlich kühl geschwungenen Stühle erinnern an eine Fifties-Eisdiele in Italien. In zwei Ecken liegen Kronleuchter auf dem Boden - und spenden trotzdem Licht. Überhaupt dominieren helle Töne, auch die Bar ist farblich vercremt.

Und dann sind da noch die "Video-Installationen". Mehrere Leinwände baumeln von der Decke herab, als eine Art Raumteiler. Permanent werden tonlose Filmcollagen über wilde Tiere, Naturkatastrophen und anderen bildungsbürgerlichen Krimskrams abgespult. Zwei der Leinwände sind so groß, dass die Gäste automatisch hinstieren müssen. Das hat der compañera nicht so gefallen. Aber der drinking man konnte sich den heranspringenden Geparden und speienden Vulkanen nur mit Mühe entziehen.

Nach einem schnellen Snack war jedoch die Aufmerksamkeit für die Cocktail-Karte reserviert. Das Angebot klingt gut und reichlich, selbst der nicht aufgeführte Tanqueray Gin war doch zu haben. So vermochte der Gin Tai zu überzeugen, auch der Hurricane war durchaus passabel und obendrein mit einem üppigen Johannisbeerstrauch verziert. Der aufmerksame Kellner servierte reichlich Nüsschen und provozierte damit so viel Durst, dass noch zwei Drinks notwendig schienen. Der Kamikaze (Absolut Vodka, Lime Juice, Limette) bewirkte keine Geschmacksexplosionen, ließ sich aber anstandslos verzehren. Die compañera orderte einen Big Apple (Ananassaft, Vanille-Sirup, Zitronensaft, Blue Curaçao ohne Alkohol, Bitter Lemon), der ihre Fahrtüchtigkeit in keiner Weise beeinträchtigte. Dafür war der Bedarf an "Süssbapp" zumindest für diesen Abend gestillt.

Das klingt nicht sonderlich experimentell, aber solides Rühr-und Schüttel-Handwerk ist immerhin auch was - und selbst in Mitte nicht überall selbstverständlich. Um in diesem Quartier bestehen zu können, wäre allerdings eine weniger laute Beschallung mit Club-Culture-Sound zu empfehlen. Und vielleicht ein geschmackvollerer Bodenbelag anstelle der rutschfesten Plaste-Piste.

Zur Startseite