zum Hauptinhalt

Berlin: Thekentanz

Jetzt kommt ein Geheim-Tipp, der streng genommen gar nicht so geheim ist. Man hört nur nichts von diesem Club.

Jetzt kommt ein Geheim-Tipp, der streng genommen gar nicht so geheim ist. Man hört nur nichts von diesem Club. Die Betreiber machen offenbar gar keine oder falsche PR. Und plötzlich war das Box einfach da. Von einer gewissen Neugier getrieben parken mein weitgereister Begleiter und ich deshalb an einem Donnerstag vor der Tür. Donnerstags kostet das Box nämlich keinen Eintritt, und laut Flyer gibt es Breakbeats, Garage und 2Step - ein solides Programm.

Wir betreten die ebenerdige Lounge und befinden uns in einem braunen Inferno, gemacht für Kinder der 70er. Ich muss an meine Eltern denken, denn die hatten bis weit in die 80er genau diese Grastapete und genau diese Lampen, die in der Aufsicht schwarz und an quadratische Bretter geschraubt sind.

Wir wenden uns der Bar zu und bestellen zwei Cuba Libre. Wenn ich darüber nachdenke, warum Cuba Libre, glaube ich, weil Cuba Libres braun sind. Merkwürdig. Wahrscheinlich gehen im Box enorm viele Cuba Libres über den Tresen. Deshalb zählt der Longdrink hier auch nicht als Longdrink, sondern als teurerer Cocktail, der in diesem Fall eindeutig zu sauer schmeckt. Wir sehen großzügig darüber hinweg und wenden uns wieder der Innenarchitektur zu. Der Mann an meiner Seite findet die Sitzelemente, die Tischwürfel und die Tigerköpfe im Klo überstylt. Ich wundere mich über den Mut der Box-Erfinder, mitten im ausgebluteten Herzen Friedrichshains einen tendenziell mittelastigen Club zu eröffnen - wo sich doch in der Nachbarschaft nur vollverklinkerte Cafés mit türkisch-italienischer Küche befinden.

Wir gehen eine Etage tiefer, in den Keller. Dort befindet sich eine winzig kleine Tanzfläche, sehr niedlich, und noch eine Bar, die aber geschlossen hat. Ed 2000 legt 2Step auf, und das wirklich sehr gut. An den knallroten Wänden stehen ein paar Kinder der 80er und sind in diesem Stadium zwischen albern herumwackeln und richtig tanzen. Ed 2000 ist schon ein bisschen älter und wahrscheinlich ein Kind der 60er. Als mein charmanter Begleiter auch meinen Cuba Libre ausgetrunken hat, unterhalten wir uns über Nicki-Anoraks und die Kinderwagen mit braunem Breitcord, in denen wir als Babys liegen mussten. Vielleicht ist das Box ein regressionsfördernder Club. Ganz sicher jedoch hat es einen handfesten Hype verdient. Ein guter Aufhänger für die Friedrichshainer Postklinker-Identitätsfindung ist der Club allemal.

Esther Kogelboom

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false