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Auf Sendung. Der Rechtsausschuss im Abgeordnetenhaus beschäftigte sich am Mittwoch mit den dienstlichen und privaten Anteilen von Wowereits Reisen. Der Regierende kam nicht. Er folgte der Einladung eines privaten Radiosenders, der neue Räume bezog.

© dpa

Thema im Abgeordnetenhaus: Wowereits Reisen entzweien den Rechtsausschuss

Klare Frontlinien in schwierigen Grenzfragen: Im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses ist Klaus Wowereit Thema. Und Rot-Schwarz wirft der Opposition vor, den Beruf des Politikers schlecht zu machen.

Befremdlich nennt Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) die „generellen Verdächtigungen“, denen zufolge Klaus Wowereit (SPD) mit zwei Reisen nach London und seinen Kontakten zum Eventmanager Manfred Schmidt den Boden des Rechts verlasse „oder sich gar kaufen lässt“. Die zwei betreffenden Reisen des Regierenden Bürgermeisters nach London in einer Chartermaschine von Heinz Dürr in den Jahren 2002 und 2003 sowie 2004 ein Urlaubsaufenthalt in einer spanischen Finca von Schmidt waren am Mittwoch Thema im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses – und entzweiten deren Mitglieder entlang der Fronten von Regierung und Opposition.

Der Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt hatte den Antrag gestellt, das Thema auf die Agenda zu setzen. Klaus Lederer (Linke) nahm die Steilvorlage dankend an: Wowereits Reise nach London in einem von Dürr gecharterten Flugzeug sei zwar „nichts, was ein Regierender Bürgermeister nicht darf“. Dass Wowereit danach allerdings Kosten für eine Flugreise mit dem selben Ziel – jedoch eher in Höhe eines „Easyjet-Tarifs“ – an Berliner Vereine spendete, werfe Fragen auf: „Das macht man nicht, wenn alles in Ordnung wäre“, so Behrendt.

Genau 215 Euro waren es, die Klaus Wowereit am 29. Juli 2003 spendete, gleichsam als eine Art „Ausgleich“ der Flugkosten. Dies bestätigte die Berliner Aids-Hilfe auf Anfrage des Tagesspiegels. Es habe sich um eine persönliche Zuwendung von Klaus Wowereit gehandelt. Für den ersten Flug im Jahr zuvor bestätigte Rudolf Hampel vom Vorstand der gemeinnützigen Schwulen-Beratungsstelle Mann-o-Meter den Eingang einer 300 Euro-Spende. Der Betrag sei an das Überfall-Telefon Maneo geflossen.

Sehen Sie hier, was Berlinerinnen und Berliner zu Klaus Wowereits Angaben sagen:

Die SPD-Fraktion wies die Verdächtigungen scharf zurück. Von einem „riesengroßen Luftballon“ sprach der Abgeordnete Sven Kohlmeier. Nachdem sich die Grünen aus der Koalition herauskatapultiert und selbst demontiert hätten, „geht es nun darum, das politische System infrage zu stellen“, sagte Kohlmeier. Die Opposition müsse sich fragen lassen, wo die berechtigten Fragen aufhören und „die Dreckschmeißerei beginnt.“

Justizsenator Heilmann sagte, dass er sich wundere, „mit welcher Akribie“ im Abgeordnetenhaus „daran gearbeitet wird, den Berufsstand des Politikers schlecht zu machen“. Gemessen an anderen Ländern sei der Austausch zwischen Wirtschaft und Politik in Deutschland „unterentwickelt“. Und so, wie die Debatte zurzeit geführt werde, „arbeiten wir in Richtung Konfrontation“.

Sehen Sie hier einen Einblick in die Pflichten des Regierenden:

Der CDU-Abgeordnete Sven Rissmann sagte, Wowereit habe selbst Stellung genommen zu den Vorwürfen. Und „mir ist niemand bekannt, der behauptet, dass die Angaben unvollständig waren und nicht der Wahrheit entsprachen“. Dem Grünen-Abgeordneten Behrendt, der den Antrag zur Aussprache gestellt hatte, warf Rissmann vor, sich mit seiner „Profilneurose auf dem Rücken der Privatperson Wowereit profilieren“ zu wollen.

Das sieht die Linke anders. „Geschmäcklerisch“ nannte Lederer die Umstände um Finanzierung und Einladungen zu einer Wahlkampfparty im Juli des vergangenen Jahres. Diese fand in einem Apartment von Partyveranstalter Manfred Schmidt am Pariser Platz statt. Die Gästeliste war aber von Wowereits damaligem Abteilungsleiter für Grundsatzfragen und heutigem Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning, durchgesehen worden, was dort als „üblicher Vorgang“ bewertet wird. Lederer dagegen meint, in diesem Fall sei es eben „keine Privatparty“ mehr. Als „Wahlkampfsponsoring“ sei die Veranstaltung aber problematisch. Denn darüber müsse wie über Sachspenden Rechenschaft abgelegt werden.

Die Debatte zeigte auch, wie schwer die Abgrenzung zwischen der notwendigen Pflege von Kontakten von Politikern zur Wirtschaft und einer mutmaßlichen Vorteilsnahme ist. Zwar werden Beamten klare Regeln vorgegeben, Senatoren dagegen nicht. Justizsenator Heilmann sagte, ihm seien keine besonderen Regelungen für das Verhalten von Politikern bekannt.

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