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Berlin: Thierse will Reichstag umbenennen - Empörung in Berlin

BERLIN .Der Vorschlag von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, den Reichstag in "Plenarsaal" oder "Plenargebäude" umzubenennen und ihn auf Wegweisern als "Bundestag" auszuweisen, überraschte gestern Berliner Politiker aller Parteien.

BERLIN .Der Vorschlag von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, den Reichstag in "Plenarsaal" oder "Plenargebäude" umzubenennen und ihn auf Wegweisern als "Bundestag" auszuweisen, überraschte gestern Berliner Politiker aller Parteien."Den Reichstag umbenennen zu wollen, ist ein Stück Geschichtslosigkeit", empörte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky.

Das bißchen Geschichte, das der Krieg Berlin gelassen habe, müsse geschützt werden, meinte Landowsky.Jürgen Klemann (CDU), Senator für Bau, Wohnen und Verkehr, betonte, der Name "Reichstag" habe einerseits einen konkreten historischen Bezug, andererseits sei er in der Stadt eine klare Orientierungshilfe."Das ist der Reichstag, und das bleibt der Reichstag." Die Sprecherin des Senators, Petra Reetz, erklärte, das neue Verkehrsleitsystem für das Regierungsviertel müsse einheitlich sein.Nach einer Absprache zwischen Bund, Senat von Berlin und Bezirken seien entsprechende Entscheidungen gemeinsam zu fällen.Eine andere Bezeichnung als "Reichstag" sei für sie jedoch undenkbar.In der Planung des Leitsystems in ihrem Hause sei "Reichstag nicht nur ein Arbeitstitel".In einem "Untertitel" solle es voraussichtlich "Sitz des Bundestages" heißen.Zur Eröffnung des Hauses am 19.April werde es provisorische Straßenschilder, ein vollständiges System aber erst 2001 geben, wenn alle Bundesbauvorhaben abgeschlossen seien.Ulrich Schöler, Mitarbeiter des Bundestagspräsidenten sagte dagegen dem Tagesspiegel, daß die Bushaltestelle in einer mit dem Senat bereits getroffenen Absprache die Bezeichnung "Bundestag" tragen werde.Auch auf Wegweisern außerhalb des Regierungsbereichs werde "Bundestag" zu lesen sein.

Senatssprecher Michael-Andreas Butz bezeichnete die Debatte über die Namensgebung als "Kunstdiskussion".Die Berliner würden "immer sagen, wir gehen in den Reichstag".SPD-Spitzenkandidat Walter Momper spricht sich dafür aus, den Begriff Reichstag beizubehalten.Der Reichstag sei "kein funktionaler Zweckbau", den man einfach umbenennen könne.Man dürfe die Geschichte des Gebäudes nicht hinter einem neuen Namen verstecken, sondern müsse sich ihr vielmehr stellen.In diesem Sinne äußerte sich auch der Leiter der Oberen Denkmalschutzbehörde Berlins, Helmut Engel.Er plädiert dafür, einen Begriff zu finden, der sowohl dem gegenwärtigen Zweck des Hauses als auch der Geschichte des Ortes gerecht wird.Eine "kalte Funktionsbezeichnung" wie "Plenarsaal" könne dies allerdings nicht erfüllen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Klaus Böger, schließt sich dagegen dem Vorschlag von Wolfgang Thierse an, das Parlamentsgebäude in der Stadt als "Bundestag" auszuschildern.Die offizielle Bezeichnung könne selbstverständlich nicht "Reichstag" lauten, sagte Böger.Den Sprachgebrauch der Berliner werde das allerdings nicht verändern.Auch Volker Liepelt, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU, spricht sich dafür aus, den Begriff "Reichstag" neben einem noch festzulegenden offiziellen Sprachgebrauch stehen zu lassen."Ich habe kein Problem mit dem Namen", sagte Liepelt: "Der Reichstag hat von seiner Gründung her ein demokratisches Fundament."

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