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Berlin: Tiergarten: Abrisspläne für Vorzeige-Neubau

Seine Giebelfassaden und der langgezogene Baukörper gehören zum Bild des Tiergartener Lützowplatzes - vielleicht nicht mehr lange. Denn die erst 1983 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) fertiggestellte Wohnanlage am Westrand des Platzes soll nach den Vorstellungen ihrer Eigentümer abgerissen werden.

Seine Giebelfassaden und der langgezogene Baukörper gehören zum Bild des Tiergartener Lützowplatzes - vielleicht nicht mehr lange. Denn die erst 1983 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) fertiggestellte Wohnanlage am Westrand des Platzes soll nach den Vorstellungen ihrer Eigentümer abgerissen werden. Die DIBAG-Industriebau AG begründet ihren Abrissantrag unter anderem damit, dass sie das Gebäude von Grund auf sanieren müsse und die Kosten einem Neubau gleichkämen. "Es ist wahrscheinlich wirtschaftlicher, einen Neubau auszuführen, der dem heutigen Stand der Technik und den Marktforderungen entspricht", hieß es am gestrigen Dienstag.

Mieter betonten, sie seien verunsichert, hätten bislang nur von Abrissgerüchten und möglichen Hotelneubauten gehört und wüssten nicht, wie es weitergehen soll. Ein Abriss sei unglaublich. Das Bezirksamt Mitte bestätigte den Abrissantrag. Man habe ihn dem Ausschuss für Stadtentwicklung vorgestellt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung teilte mit, sie halte den Abriss nur dann für möglich, wenn vom Gebäude Sicherheitsgefahren ausgingen, was man aber für unwahrscheinlich halte. Davon abgesehen sei ein Abriss nur dann möglich, wenn sich damit die Qualität des gesamten Quartiers deutlich verbessere, sagte Behördensprecherin Petra Reetz.

Die DIBAG äußerte sich gestern mit dem Hinweis auf ein "schwebendes Verfahren" zurückhaltend. Beim Bau seien nicht die geplanten Materialien verwendet worden, "so dass die gewünschte Qualität nicht erreicht wurde. Außerdem haben sich die Standorteigenschaften von einer städtischen Randlage (1983) zu einem urbanen innerstädtischen Zentrum verändert." Ein Unternehmenssprecher wies auf gravierende Mängel "bauphysikalischer Natur" hin und teilte mit, auch ein Neubau werde im "im wesentlichen Wohnungen" enthalten. Der Architekt Oswald Mathias Ungers kritisierte zwar im Journal "Foyer", dass für seinen Bau damals nicht die vorgesehenen Materialien verwendet worden seien, bezeichnete das Gebäude aber als städtebaulich wichtigen Teil. "Man sollte es erhalten".

Nach Auskunft von Mietern haben sie schon seit Jahren vermutet, dass irgendetwas mit dem Haus passieren soll, möglicherweise die Umwandlung in Eigentumswohnungen. Von 84 Wohnungen sollen schon 18 leer stehen. An gravierende Baumängel glaubt niemand, allerdings wird über das zum Teil verwahrloste Aussehen der Anlage geschimpft. Offenbar wollten die Eigentümer nicht mehr in das Haus investieren, hieß es zum Beispiel. Es hat sich bereits eine Initiative gebildet, die sich gegen den Abriss wendet.

Die Häuser mit Sozial- und steuerbegünstigsten Mietwohnungen waren für rund 22 Millionen Mark als "introvertiertes Wohnen an einem verkehrsreichen Platz" für die Internationale Bauaustellung errichtet worden, Bauherr und Bauträger war damals das Unternehmen Artur Pfaff, das Land Berlin hatte das Grundstück im Erbbaurecht vergeben. Die Wohnungen sind zum Innenhof des Blocks gerichtet, haben große Terrassen und im Erdgeschoss Gärten. Die Reduzierung des Sichtmauerwerks auf die Sockelgeschosse und andere Einsparungen waren gegen den Willen des Architekten geschehen.

C. v. L.

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