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Tiergarten: Nur der echte Goethe hält

Da die Betonkopie sich in einem erbärmlichen Zustand befindet, kehrt das restaurierte Original des Dichterdenkmals in den Tiergarten zurück.

Selten ist ein Original in viel besserem Zustand als seine Kopie, doch auf das Goethe-Denkmal im Tiergarten trifft diese Ausnahme zu: Die 22 Jahre alte Beton-Kopie gegenüber dem Holocaust-Mahnmal ist durch Luftverschmutzung, Witterungseinflüsse und die schlechte Qualität des verwendeten Materials in einem ruinösen Zustand. Die fast 110 Jahre ältere marmorne Originalskulptur des Dichterfürsten hingegen ist im Vergleich dazu ausgezeichnet erhalten. Daher hat sich das Landesdenkmalamt entschlossen, das jetzt für rund 250 000 Euro restaurierte Originaldenkmal des Berliner Bildhauers Fritz Schaper bis zum Sommer wieder aufzustellen.

„Vor zehn oder 15 Jahren hätten wir uns das noch nicht getraut. Aber unsere Messungen zeigen, dass sich die Luftqualität im Tiergarten stark verbessert hat“, sagt Klaus von Krosigk, stellvertretender Landeskonservator. Goethes Marmordenkmal war lange im Kreuzberger Lapidarium und seit 2009 nach dem Umzug der Sammlung in der Zitadelle Spandau untergebracht und erfährt zurzeit noch eine besondere Behandlung, um es witterungsbeständiger zu machen. Ein Restrisiko bleibt für den empfindlichen Marmor aber bestehen: „Zwar ist der Anteil der schwefelsauren Bestandteile in der Luft in den Jahren zwischen 1989 und 2000 um rund 90 Prozent zurückgegangen, doch dafür sind die Werte für Feinstaub und Stickoxide stark gestiegen“, erklärt Amtsrestaurator York Rieffel. Gesicherte Erkenntnisse, was diese Schadstoffe möglicherweise an den Denkmälern anrichten könnten, liegen dem Landesdenkmalamt noch nicht vor, so Rieffel.

Die Goethe-Skulptur wird nicht das einzige Denkmal im Tiergarten bleiben, das einer genauen Untersuchung unterzogen wird: Zurzeit überprüft das Landesdenkmalamt den Zustand aller rund 60 Denkmäler im Tiergarten und erstellt bis 2011 einen Masterplan. In ihm soll festgelegt werden, in welcher Reihenfolge und mit welcher Dringlichkeit bestimmte Originale restauriert sowie stark angegriffene Originale und alte Kopien durch neue Betonabgüsse oder in Ausnahmen auch durch Marmorkopien ersetzt werden müssen. Im Anschluss soll ein jährlicher Pflege- und Wartungsplan böse Überraschungen und hohe Restaurierungskosten vermeiden helfen. „So ein großes Projekt ist ein langwieriges und teures Unterfangen. Aber es ist unsere Pflicht und unser Erbe, den einzigartigen historischen Skulpturenpark im Tiergarten zu erhalten“, sagt von Krosigk. Dazu zähle ebenfalls die Restaurierung der historischen Schmuck- und Schutzgitter sowie die Einbindung der Denkmäler in eine adäquate schmuckgärtnerische Umgebung.

Nach Goethe wird die Aufmerksamkeit der Denkmalpfleger voraussichtlich Richard Wagner zuteil: Sein Denkmal gegenüber der indischen Botschaft ist seit 1987 wegen seines desolaten Zustands unter einem Schutzdach verborgen und soll erstmals mittels Gesteinsproben umfassend untersucht werden. „Wir werden alles versuchen, um das Original trotz seiner enormen Größe an dieser Stelle zu erhalten“, so von Krosigk. Kopien gäbe es schließlich genug auf der Welt. Eva Kalwa

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