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Berlin-Untergrund. Der Tiergartentunnel ist in Betrieb. Nur halt nicht die Ein- und Ausfahrten am Hauptbahnhof. Wer gen Norden fährt, landet im Stau - da wird gebaut.

© Archivfoto: Thilo Rückeis

Update

Tiergartentunnel tagelang dicht: Der Irrsinn vom Hauptbahnhof

Eigentlich schwer zu glauben, was sich da tagelang am Hauptbahnhof abspielte. Weil eine einfache Ampel kaputt war, war die Zufahrt zum riesigen Tiergartentunnel dicht. Das hatte Auswirkungen. Eine Fahrt mit dem tapferen BVG-Busfahrer der Linie M41.

Und dann geht gar nichts mehr an diesem Mittwoch, kurz nach 7 Uhr. Der Berufsverkehr rollt an, wird aber hier am Hauptbahnhof seit einer Woche komplett ausgebremst. Der BVG-Fahrer des M 41 steckt mit seinem Gelenkbus unter der Bahntrasse in der Falle. Aus der Seitenstraße vom Kanzleramt kommen andere BVG-Busse, auch sie wollen hier lang. Tja, Pech gehabt! Der Busfahrer schimpft vor sich hin : "Ick fass' dit allet nich' mehr..." Weil sein gewaltiger "Schlenki" kein Kleinwagen ist, der mal eben um die Kurve biegt, bleiben nun alle BVG-Busse stehen. Einer, zwei, drei - kein Platz zum Rangieren. Willkommen in Berlin, Willkommen am Hauptbahnhof. Willkommen in eigentlich bester Verkehrslage! Und das Durcheinander hat einen Grund: eine Ampel, die bereits seit voriger Woche kaputt war.

Baukosten: 400 Millionen Euro. Ersatzteilkosten: unbekannt

Diese Ampel - das haben wir berichtet - regelt die Ein- und Ausfahrt zum Tiergartentunnel. Der ist eigentlich ein beeindruckendes Bauwerk: Zehn Jahre Bauzeit, 2,4 Kilometer Länge. Er unterquert die Spree und den Tiergarten, verbindet den Hauptbahnhof mit dem Potsdamer Platz. Baukosten: fast 400 Millionen Euro. Dieser Tunnel ist ein Meisterwerk der Technik, auch wenn er gefühlt jede Woche abends gewartet werden muss. Mehr als 40 000 Autos fahren hier lang. Wenn Silvesterparty ist oder WM-Fanmeile im Tiergarten auf der Straße des 17. Juni, dann sind es noch viel mehr. Jetzt ist die Ein- und Ausfahrt an der Invalidenstraße gesperrt – zur Sicherheit wegen der defekten Ampel, heißt es bei der Senatsverkehrsverwaltung. Seit Tagen versuchte die Wartungsfirma, die Panne zu beheben. Mehrere Teile seien bereits ausgetauscht worden, sagt die Sprecherin der Verkehrsverwaltung, Petra Rohland. Gebracht hatte es bisher nichts.

Und die „Verkehrsinformationszentrale“ im Auftrag der hauptstädtischen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung schien auch kapituliert zu haben. Denn der Verkehrshinweis zum Tunnel („Bis auf weiteres gesperrt“) endete mit dem resignierenden Satz: „Aktuell ist nicht abzusehen, wann die Reparatur der Ampelanlage abgeschlossen sein wird.“

Hier wird überall gebaut. Rangierfläche: 0

Zurück zum Fahrer des M 41, der mit seinem Riesenbus sich nun durch die engen Seitenstraßen quält, die den Namen von Berta Benz trägt, wo ein Hotel nach dem anderen entsteht. Auf den Gehweg wurden überall schwere Betonfüße hingewuchtet, in denen die Wasserrohre für all die Baustellen befestigt sind. Deshalb kann der Bus unglücklicherweise auch nur ein paar Zentimeter, gaaaaanz vorsichtig, über den Gehweg rangieren, will er nicht auf dem BVG-Betriebshof seinem Chef den Blechschaden erklären.

Hinten ist nun Blaulicht der Polizei zu sehen, Tatütata - nein, auch sie kommt nicht durch, die BVG-Busse können sich ja nicht in Luft auflösen. Unglücklicherweise hat die Polizei offenbar auch kein Personal, das hier am Tiergartentunnel den Verkehr regeln kann - da müssen die Kollegen mit Blaulicht jetzt durch (auch wenn der tägliche Irrsinnsstau auf der Invalidenstraße gutes Nerventraining sein dürfte). Die Taxi-Fahrer übrigens, die es ja am Hauptbahnhof nicht gerade in kleiner Zahl gibt, haben längst Mini-Schleichwege erkundet, durch die unser Bus aber leider nicht durchpasst.

Sorry, lieber Busfahrer

Weiter geht’s, gaaaanz langsam um die Kurve. Kurz blockiert der BVG-Bus noch die Straße Alt-Moabit, das Gehupe ignorieren wir. Mit Schwung geht es am Pförtnerhäuschen des Kanzleramts vorbei, das nun im Minutentakt per BVG zu erreichen ist. Dann ist’s geschafft, die Sonne geht auf, die ungewohnte Tour ist gar nicht übel. Guten Morgen, Berlin! Allerdings: Abends wählte so mancher lieber einen anderen Weg. Der Busfahrer sollte also trotz seiner Rangierkünste – Applaus an dieser Stelle – bitte nicht sauer sein, falls er sich auf dem Rückweg alleine zum Hauptbahnhof durchgequält hat.

Die BVG hat erst gar nicht versucht, eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, mit der wenigstens ihre Busse durch den Tunnel hätten fahren können. Dieser ist schließlich völlig intakt. Von der VLB kurzfristig eine Erlaubnis zu erhalten, sei illusorisch, heißt es bei der BVG. Normal seien Wartezeiten bis zu 18 Monate, ehe die VLB reagiere. Dann also doch lieber durch die engen Sträßchen. Was Posemuckel kann, kann Berlin schon lange. Und dann geschah das Wunder: Am Nachmittag funktionierten die Ampeln wieder und gegen 18.30 Uhr ging’s dann auch wieder ab durch den Tunnel.

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