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Einzahl. Auch die Grüne Riesengespenstschrecke, der Atlas-Seidenspinner (oben rechts) und Kugelfisch „Emma“ wurden sorgfältig registriert.

© dpa

Berlin: Tierische Inventur

In der Potsdamer Biosphäre werden die Bewohner gezählt. Was nicht immer ganz einfach ist.

Potsdam - Emma ist der Liebling von Lothar Moos. Die zweijährige Langstacheligelfischdame hat das Herz des Tierpflegers in der Biosphäre erobert. „Sie hat so schöne blaue Augen und einen treuen Blick“, sagt Moos augenzwinkernd. Dass es Emma ähnlich geht, kann man durch die Aquariumsscheibe nur erahnen. Aber sie wedelt freundlich mit ihren gelblichen Flossen, als der Tierpfleger vor dem Aquarium steht. Emma bläht sich nicht auf. „Das würde sie nur machen, wenn sie sich nicht wohl fühlt“, sagt Moos.

Abwehrreflexe hat Emma nicht nötig. Die Zählung der Aquarienfische bei der jährlichen Inventur in Potsdams Tropenhalle gehört zu den leichteren Aufgaben der Pfleger. Die Fische können ja nicht weg. Ähnlich ist es auch bei Reptilien wie den grünen Leguanen, die in Terrarien gehalten werden. Bei anderen Arten ist das Zählen eine schwierigere Aufgabe – manchmal eine unlösbare: Viele der insgesamt 117 Tierarten können sich in der Tropenhalle frei bewegen. Auf etwa 5000 schätzt Moos die Zahl der Einwohnerschaft. Einige Tiere halten derzeit Winterruhe in den Bäumen unter dem 14 Meter hohen Dach. So bekommt man sie gar nicht zu sehen. „Die Zebrafinken haben teilweise gerade Junge oder brüten“, sagt Moos. Da möchte man nicht stören. Er geht von 116 Altvögeln aus.

Beim Federvieh ist die Vielfalt in der Biosphäre am größten. 23 verschiedene Vogelarten gibt es in der Halle am Volkspark. Ähnlich groß ist der Artenreichtum nur bei den Reptilien. Von denen gibt es 21 Arten. Dazu leben noch sechs verschiedene Fischarten in den Aquarien. Außerdem beherbergt die Biosphäre sechs Spinnen- und Insektenarten und vier Nagetierarten. Die jährliche Inventur ist nötig, um gegenüber den Naturschutzbehörden, dem Landesumweltamt und dem Amtstierarzt auskunftsfähig zu sein. Außerdem könne so der Futtereinkauf besser kalkuliert werden. Drei Tage zählen drei Tierpfleger jedes Jahr den Tierbestand neben ihren alltäglichen Aufgaben. Im Teich schwimmen sieben Fischarten. Dazu gehören auch 46 große Koikarpfen. Die auffällig gemusterten Fische kommen aus einer israelischen Zucht und sind nicht so teuer wie ihre japanischen Artgenossen. „Für die bekommt man kein Einfamilienhaus“, sagt Moos. Andere Fische im Teich sind schwerer zu zählen. Die Malawibuntbarsche verstecken sich gern in Ritzen von Steinen auf dem Teichgrund. Drei Tierpfleger seien beim Zählen auf unterschiedliche Werte gekommen. „Dann haben wir aufgegeben“, sagt Moos. „Wir haben immer mehr Tiere als wir zählen.“ Die Zahl der Guppys schätzt er deutlich vierstellig. Die lebendgebärenden Fische können sich rasend schnell vermehren. „Allerdings halten die Barsche den Bestand klein“, so Moos. Und der 1,30 Meter große Stör wird sich auch an den Guppys bedienen, nimmt Moos an.

Einfacher ist die Sache bei den Hühnern. Vier Zwerg-Cochin leben in der Tropenhalle. Beim Zählen sitzen sie alle beieinander, daneben liegen ein paar Federn. Eins von ihnen ist derzeit in der Mauser. Flüchten könnten die Hühner ohnehin nicht: Die im 19. Jahrhundert aus China an den englischen Königshof importierte Hühnerrasse wurde in Europa über die Jahre auf Farbenvielfalt gezüchtet. Wegen des weichen, daunenartigen Gefieders können die Vögel praktisch nicht mehr abheben. Die vier Exemplare aus der Biosphäre sind schon acht Jahre alt und damit deutlich im Hühnerrentenalter. Solange sie gesund sind, sollen sie weiter in der Biosphäre leben. „Wir haben hier alle Tiere gern“, sagt Moos.

Marco Zschieck

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