zum Hauptinhalt
325773_0_f823649e.jpg

© ddp

Tierwelt: Der Frühling fliegt ein

Berlins Natur erwacht aus dem Winterschlaf. In Brandenburg sind die ersten Störche gelandet.

Während unsereins sich beim Aufstehen noch immer fragt, ob die Stoßlüftung wirklich sein muss, singt draußen längst die Amsel. In Brandenburg sind die ersten Weißstörche und Hunderte Kraniche eingetroffen, in Berlin trällern die Kohlmeisen ihr Tütüt-tütüt-tütüt durch die Parks, und die Spatzen machen Krach, als hätte es den kräftezehrenden Winter nie gegeben. Heute ist er zumindest aus meteorologischer Sicht vorbei. Die Antwort auf die Stoßlüftungsfrage lautet also ab sofort: Ja, muss sein. Wir haben Frühling.

Andreas Jarfe, Landesgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND, meldete am Sonntag bereits die ersten Käfer und Regenwurmhäufchen aus seinem kaum vom Eise befreiten Garten. Das wiederum ist eine gute Nachricht für die Singvögel, die nun nicht mehr auf Futtersilo oder Meisenknödel angewiesen sind. Waren sie es überhaupt jemals? „Die Sache ist zweischneidig“, sagt Jarfe. „Einerseits ist es einfach schön und für die Bindung zwischen Mensch und Natur wichtig, wenn man die Vögel aus der Nähe beobachten kann.“ Andererseits wurden durch die Fütterung vor allem jene Arten durch den Winter gebracht, die ihn ohnehin ganz gut überstanden hätten – was durchaus erstaunlich ist, weil beispielsweise eine Meise in einer strengen Frostnacht bis zu zehn Prozent ihres Körpergewichts „verheizen“ kann. Jetzt aber gehen die hiergebliebenen Federviecher gut gestärkt ans Brutwerk. In Kombination mit dem Trend zu zeitigeren Frühjahren setzen sie dabei die Zugvögel unter Druck, deren potenzielle Nistplätze bei ihrer Rückkehr aus dem Süden oft schon von der daheimgebliebenen Konkurrenz besetzt sind. „Aber das ist eher ein Problem des Klimawandels als der Winterfütterung“, sagt Jarfe. Ausgerechnet der Kuckuck ist in den vergangenen Jahren zum Opfer geworden: Oft trat er den Rückflug aus Afrika zu spät an, um den „Gasteltern“ noch rechtzeitig seine Eier unterjubeln zu können.

Wer den Vögeln auch im Frühling Gutes tun will, sollte ihnen vor allem im Garten etwas Wildwuchs lassen, also nicht jede Hecke ratzekahl zurückschneiden. Allzu sehr hat der Winter die Bestände ohnehin nicht dezimiert. Er war zwar schneereich, mit den niedrigsten Temperaturen seit 14 Jahren – aber nicht wirklich krachend kalt. Jetzt sprießen erste Krokusse und Tulpen; Allergiker spüren schon Haselpollen und Hobbygärtner besichtigen, was der Winter wohl dahingerafft hat. Erwischt hat es neben den üblichen Verdächtigen – Palmen und andere Importgewächse – teilweise Bambusbüsche, denen wohl der Nachschub für ihre immergrünen Blätter eingefroren war. Ansonsten hat die konstante Kälte der Natur vor allem genützt, weil sie sie nicht durch trügerische Wärmephasen vorzeitig aus der Winterruhe riss. Auf diese Weise kommen zwar auch viele Mücken durch, deren Larven bei wechselhafterem Wetter leichter erfrieren können. Auch die Kastanienminiermotten überstehen einen langen Winter unterm Schnee besser als einen verregneten, der sie verpilzen und das Laub faulen lässt.

Wann Igel, Maus & Co. aus ihrem Winterschlaf erwachen, hängt je nach Tierart von Licht und Tageslänge, Temperatur oder einer Temperatursumme, also einer Mindestanzahl halbwegs milder Tage ab. Allerdings schlafen vor allem die kleinen Nager nicht den ganzen Winter durch, sondern müssen zwischendurch auch mal an die zuvor gesammelten Futtervorräte. Von manchen dieser Ausflüge gibt es keine Wiederkehr – aber dafür eine Mahlzeit für einen Greifvogel, der ebenfalls durch den Winter kommen muss. So fügt sich am Ende (fast) alles von selbst. Unberechenbar am Frühling bleibt allein das Wetter. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false