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Berlin: Tod eines Lehrers: Drei Jugendliche stehen vor Gericht Der Oberstudienrat hatte die mutmaßlichen Täter in einer Schöneberger Bar kennen gelernt und zu sich eingeladen

Der Oberstudienrat hatte die jugendlichen Täter selbst mit dem Auto in sein Einfamilienhaus nach Rahnsdorf gefahren. Er soll die Schüler kurz zuvor in einer Bar in Schöneberg kennen gelernt und ihnen Geld für Sex angeboten haben.

Der Oberstudienrat hatte die jugendlichen Täter selbst mit dem Auto in sein Einfamilienhaus nach Rahnsdorf gefahren. Er soll die Schüler kurz zuvor in einer Bar in Schöneberg kennen gelernt und ihnen Geld für Sex angeboten haben. Der Abend endete tödlich für den 47-Jährigen: Joachim K. starb am 11. Mai vergangenen Jahres nach mehreren Messerstichen in den Oberkörper. Heute beginnt vor der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts der Prozess gegen seine mutmaßlichen Mörder.

Auf der Anklagebank werden der Libanese Kassem K., der Bosnier Behudin B. und der Türke Xhevat S. sitzen. Kassem ist 17, die beiden anderen Schüler sind erst 16 Jahre alt. Die Jungs kennen sich vom Kiez, sagte einer der Anwälte. Sie feierten viel. Auch am 11. Mai. Aber dann ging ihnen das Geld aus. „Übereinstimmend kam man auf die Idee, einen Diebstahl zu begehen“, sagte Rechtsanwalt Bernd Kubacki. Weil die Feier weitergehen sollte.

Kubacki vertritt Behudin B. Der Bosnier sei jener gewesen, für den sich das spätere Opfer besonders interessiert habe. „Mein Mandant ist fast noch ein Kind, sehr religiös und streng erzogen“, sagt der Anwalt. „Homosexualität kannte er gar nicht. Er ließ sich überreden.“ Es sei vereinbart gewesen, schnell ein paar Wertgegenstände zu stehlen und dann abzuhauen.

Es kam ganz anders. Als sich der Lehrer dem 16-jährigen Behudin B. sexuell nähern wollte, sollen ihn die beiden anderen hinterrücks angegriffen haben. Sie schlugen ihm eine schwere Glasschale über den Kopf. Einer der Schüler holte laut Anklage ein Küchenmesser, ein anderer soll mit einem Gürtel zugeschlagen haben. Der Mathe- und Physiklehrer muss sich verzweifelt gegen die Angreifer gewehrt haben. Fast im gesamten Haus waren die Spuren des Kampfes zu finden. Etwa zehn Minuten lang soll die äußerst brutale Szene gedauert haben. Behudin will aber nicht zugestochen haben, sagte sein Anwalt.

Als ihr Opfer tot war, raubten die Täter unter anderem die Autoschlüssel und rasten mit dem Audi A 4 von Joachim K. davon. Weil sie den Zaun an der Grundstücksausfahrt und einen Baum rammten, wurden Nachbarn aufmerksam. Die sofort alarmierte Polizei fand im Haus die Leiche. Das Auto wurde einen Tag später in Biesdorf entdeckt. Der Mord aber war der Polizei zunächst ein Rätsel. Joachim K. war seit mehreren Jahren geschieden und lebte sehr zurückgezogen. Besuch bekam er selten, nur sein 14-jähriger Sohn kam hin und wieder. Auch in der Treptower Schule, in der er unterrichtete, wusste man kaum etwas über sein Privatleben.

Auf die drei Schüler, die vor der Tat keine Verbindung zu dem Lehrer oder zu dessen Schule hatten, kamen die Ermittler durch Spuren am Tatort. Zwei der Jugendlichen waren der Polizei bereits wegen Eigentumsdelikten bekannt. Warum blieb es nicht bei einem Raub, warum musste der Lehrer sterben? Gab es einen Tatplan? Im Ermittlungsverfahren haben sich zwei der Schüler gegenseitig belastet, der dritte schwieg bislang.

Die Staatsanwaltschaft geht von vier Mordmerkmalen aus. Heimtückisch, aus niederen Beweggründen, aus Habgier und zur Verdeckung einer Straftat hätten die Schüler ihr Opfer umgebracht. Im Falle einer Verurteilung müssen sie mit Jugendstrafen bis zu zehn Jahren rechnen. Für den Prozess, der wegen des Alters der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit laufen wird, hat das Gericht bislang acht Verhandlungstage terminiert.

Kerstin Gehrke

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