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Die Diva aus Schöneberg. Auch als Sängerin feierte Marlene Dietrich Erfolge, so bei ihrer Broadway-Show im Mark Hellinger Theater 1968. Foto: dapd

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Todestag von Marlene Dietrich: Sie war, Gott sei Dank, Berlinerin

Heute vor 20 Jahren starb Marlene Dietrich. In Schöneberg wurde sie geboren, hier begann ihre Weltkarriere Nach dem Krieg hat man sie als Verräterin beschimpft, dennoch wollte sie in ihrer Heimatstadt begraben werden.

Beginn und Ende dieses Lebens liegen nur drei Kilometer voneinander entfernt. In der Schöneberger Leberstraße 65, wo die Rote Insel einst am rötesten war, erblickte Marlene Dietrich am 27. Dezember 1901 das Licht der Welt. Auf dem Friedhof Stubenrauchstraße in Friedenau wurde sie beerdigt. Sie starb am 6. Mai 1992 in Paris – an diesem Sonntag vor 20 Jahren. Was zwischen den beiden Daten liegt, ist bekannt: eine Weltkarriere. Die Dietrich war – neben Hildegard Knef und Romy Schneider – einer der wenigen deutschen Stars des 20. Jahrhunderts, die international, in Hollywood oder Frankreich, Aufsehen erregt haben. Und die Wurzeln dieser Karriere lagen in Berlin – wobei man da genau sein muss, Schöneberg war 1901 selbständige Großstadt, die Dietrich also keinesfalls eine „gebürtige Berlinerin“, auch wenn der Titel ihrer Memoiren dies suggerierte: „Ich bin, Gott sei Dank, Berlinerin“.

Das Leben von Marlene Dietrich in Bildern

Ihre Berliner Schnauze hat sie nie verloren. Wie eine „Kartoffel mit Haaren“ habe sie ausgesehen, soll die in den zwanziger Jahren noch pummelige Schauspielerin über ihre frühen Rollen gesagt haben. Geht man heute am Haus in der Leberstraße vorbei, fällt der frische gelbe Anstrich auf. Ein Ikea-Anhänger steht davor, ein junges Paar zieht gerade aus, das Leben geht weiter. Auf einer älteren Tafel steht die bemerkenswerte Formulierung: „Geburtshaus der Marlene Dietrich“. Nicht etwa „von“, sondern „der“. So als gäbe es keine andere, und das stimmt ja auch. 2008 wurde eine zeitgemäße offizielle Senats-Tafel hinzugefügt.

Das Verhältnis zwischen Marlene Dietrich und ihrer Heimatstadt war nie einfach. Schon 1930, nach dem Durchbruch in Josef von Sternbergs Film „Der blaue Engel“, ging sie nach Hollywood und kehrte nie richtig zurück. Goebbels wollte sie zur NS-Vorzeigeschauspielerin aufbauen und griff, als die Dietrich ihm diesen Gefallen nicht tat und in den USA blieb, stattdessen zu Zarah Leander. Im Krieg betreute sie die GI’s, begab sich an die Front, wäre auch selbst beinahe gefangen genommen worden – all das führte dazu, dass einige Kreise in Deutschland und auch in Berlin sie später als „Verräterin“ beschimpften. „Marlene Go Home“ stand auf Schildern, als sie 1960 doch für einige Aufritte nach Deutschland zurückkehrte und im Steglitzer Titania-Palast sang. Erst 2001, lange nach ihrem Tod, entschuldigte sich das Land Berlin offiziell für die Anfeindungen, 2002 wurde sie posthum Ehrenbürgerin.

Das Grab. Marlene Dietrich wünschte in Berlin begraben zu werden. Auf dem Friedhof in der Friedenauer Stubenrauchstraße hat sie ihre letzte Ruhestätte gefunden. Foto: dapd
Das Grab. Marlene Dietrich wünschte in Berlin begraben zu werden. Auf dem Friedhof in der Friedenauer Stubenrauchstraße hat sie ihre letzte Ruhestätte gefunden. Foto: dapd

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Ihre Wahlheimat war seit dem Krieg Paris, legendär die letzten Jahre, die sie in völliger Abgeschiedenheit, nur über das Telefon und ihre Tochter mit der Außenwelt kommunizierend, im Bett verbrachte. „Wie hässlich kann man noch werden?“, sagte sie über sich selbst in ihrem letzten Film „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ von 1978. Trotz aller Beleidigungen und Verletzungen wählte sie aber Berlin als ihre letzte Ruhestätte aus. „Hier steh ich an den Marken meiner Tage“, ein Zitat von Theodor Körner, steht auf ihrem schlichten Grabstein, auch das Grab selbst ist denkbar einfach. In Berlin macht eben nicht jeder viel Aufheben um so etwas.

Der Stern. Marlene Dietrich war die erste, die Anfang 2010 auf dem „Boulevard der Stars“ geehrt wurde. Foto: dapd
Der Stern. Marlene Dietrich war die erste, die Anfang 2010 auf dem „Boulevard der Stars“ geehrt wurde. Foto: dapd

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Direkt neben der Dietrich liegt eine Frau namens Eleonore Schulze, wer immer das auch war, mehr Berlin geht kaum. In diesen Tagen ist das Grab allerdings prächtig geschmückt mit frischen Blumen: rote Geranien, viele Rosen, ein Kranz des Regierenden Bürgermeisters. Besucher aus England stehen davor und machen Fotos, ob sie wissen, dass am Sonntag der 20. Todestag ist? Woran sie achtlos vorbeigehen, ist das Grab von Josefine von Losch, wenige Schritte weiter: Auch die Mutter von Marlene Dietrich ist an der Stubenrauchstraße begraben, das Grab ist in einem wesentlich schlechteren Zustand, viel Unkraut, allerdings auch ein Stein mit der Inschrift: „Wir vermissen dich.“

Dass Berlin Marlene Dietrich vermisst, kann man inzwischen durchaus sagen. Die Stiftung Deutsche Kinemathek verwahrt den Nachlass, das Filmmuseum hat ihr in seiner Dauerausstellung viel Platz eingeräumt, auf dem Boulevard der Stars erhielt sie den ersten Stern. Über die Schönheit des Marlene-Dietrich-Platzes kann man streiten, aber immerhin ist sie – anders als Harald Juhnke – im Stadtplan präsent. Dass ein Musicaltheater an diesem Platz liegt und dort alljährlich die Berlinale stattfindet, hätte sie wohl gefreut. Dass auch eine Spielbank ihre Adresse trägt, vermutlich weniger.

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