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Einsatzkräfte der Polizei und ein Polizeiwagen stehen in Berlin vor einem Wohnhaus an der Ribnitzer Straße.

© dpa

Update

Tödlicher Polizeieinsatz in Berlin: Angefordertes SEK war gerade bei Anti-Terror-Razzia

In Lichtenberg starb ein Mann durch Schüsse der Polizei. Das Spezialeinsatzkommando konnte nicht kommen - es war in Moabit gegen Islamisten im Einsatz. Gegen drei Beamte wird jetzt ermittelt.

Von Fatina Keilani

In Berlin dürfen niemals mehrere schlimme Dinge gleichzeitig passieren – diese Schlussfolgerung drängt sich nach den Ereignissen von Dienstag auf. Zum Einsatz der Polizei in Neu-Hohenschönhausen, an dessen Ende ein 25-Jähriger tot war, war nämlich das Spezialeinsatzkommando (SEK) angefordert worden. Dieses konnte aber nicht kommen, da es gerade mit der Anti-Terror-Razzia in der Moabiter Fussilet-Moschee beschäftigt war – erfolgreich, denn drei mutmaßliche Islamisten wurden festgenommen. Das bestätigte die Polizei am Mittwoch.

Bekannt geworden ist die Abwesenheit des SEK durch eine Erklärung der Gewerkschaft der Polizei (GdP), in der es außerdem hieß: „Wenn man von der Polizei verlangt, dass sie derartige Lagen bewältigt, Alltagskriminalität bekämpft, Straftaten verhindert, haufenweise Demonstrationen absichert und terroristischen Anschlägen zuvorkommt, dann muss dafür auch das benötigte Personal bereitgestellt werden.“ Es gibt derzeit rund 100 SEK-Beamte in Berlin, eingeteilt in drei Teams. Im Regelfall ist immer nur eins im Einsatz.

Polizei: Handeln binnen Sekunden nötig

Wegen des Schusswaffengebrauchs wird nun gegen die drei Beamten ermittelt, die geschossen haben. „Es wird geprüft, ob eine Notwehrlage vorlag“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, dazu. „Das ist das ganz normale Vorgehen.“ Gab es eine Notwehrsituation, wird das Verfahren eingestellt. Dass der erschossene 25-Jährige psychisch krank war, mache dabei keinen Unterschied. „Die Beamten müssen in der Situation binnen Sekunden entscheiden, und hinterher hat man ewig Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, ob ihr Handeln richtig war“, hieß es von der Polizei.

Auch die Diskussion über den Einsatz von Tasern wird durch den Fall wieder aktuell. „Um in besonderen Einsatzlagen die Lücke zwischen Pfefferspray und Schusswaffe als Distanzmittel zu schließen, wird die Polizei noch in diesem Monat mit dem Testlauf der Taser auf zwei Abschnitten beginnen“, sagte Innenstaatssekretär Torsten Akmann. Es handelt sich um die Abschnitte 32 (Mitte) und 53 (Kreuzberg), wo jeweils zehn Freiwillige den Taser für drei Jahre testen, bevor er dann vielleicht landesweit eingeführt wird. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der AfD hervor. Das SEK hat den Taser schon seit mehr als zehn Jahren im Gebrauch. In dieser Zeit wurde er 22 Mal eingesetzt, davon 18 Mal, um Selbstmorde zu verhindern.

25-Jähriger ging mit Messer Polizisten los

Polizisten hatten am Dienstag in Neu-Hohenschönhausen einen Mann erschossen. Die Feuerwehr hatte gegen 16.30 Uhr die Polizei in die Ribnitzer Straße gerufen, da sie von einem verwirrten Mann gerufen worden war, der durch die geschlossene Tür damit gedroht hatte, alle umzubringen, die in die Wohnung kämen, und auch sich selbst zu töten. Polizeibeamte wurden ebenfalls durch die geschlossene Tür von dem Mann bedroht.

Die Polizei öffnete nach ihrer Darstellung gegen 18.20 Uhr mit einer Ramme die Tür und stand dann vor dem Mieter, der sich bereits selbst verletzt hatte und mit einem Messer auf die Polizisten zuging. Um den Angreifer abzuwehren, wurde auf ihn geschossen. Dabei wurde der 25-Jährige schwer verletzt. Rettungskräfte versuchten eine Wiederbelebung, doch er starb vor Ort.

In den vergangenen Jahren gab es öfter bedrohliche Situationen mit psychisch kranken Personen. Im Juni 2013 erschoss die Polizei einen verwirrten, bewaffneten Mann im Neptunbrunnen in Mitte, Ende August 2016 einen Randalierer in Hellersdorf. Der bisher letzte Todesfall bei einem Polizeieinsatz geschah im September 2016 in einem Flüchtlingsheim, als ein Mann mit dem Messer auf einen anderen losging, weil er diesen verdächtigte, seine Tochter missbraucht zu haben.

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