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Beim Schichten der dieser Torte für die "Meisterfeier der Berliner Wirtschaft" war den Konditoren aufgefallen, dass sie nicht mehr durch die Tür passt. Am Ende konnte die 230 Kilogramm schwere Kalorienbombe doch noch in den Festsaal gerollt werden.

© Konstantin Gastmann/goenzcom berlin/Handwerkskammer Berlin

Torte zu groß, Hobel daheim: Drollige Pannen bei der Berliner "Meisterfeier"

Zur "Meisterfeier der Berliner Wirtschaft" zeigen einige Innungen jedes Jahr ihr Können. Für die Lacher im Saal aber sorgen die kleinen Missgeschicke

Um ein Meister seines Handwerkes zu werden, braucht man Improvisationstalent und Kreativität. Denn manchmal tauchen Probleme auf, auf die einen keine Berufsschule vorbereiten kann. Das haben jetzt auch einige Schüler der Akademie der Konditoren-Innung Berlin (AKB) gelernt: Sie kreieren jedes Jahr eine Riesentorte, die dann zur traditionellen „Meisterfeier der Berliner Wirtschaft“ in den Festsaal des Hotels Maritim in Tiergarten gerollt wird. Immer feierlich, mit Wunderkerzen und allem Pipapo.

Beim Aufbau der 230-Kilogramm-Kalorienbombe für die Feier an diesem Sonntag gab es aber eine Panne: Angehende Konditorgesellen und -meister hatten die Teile, die an sechs Konditorschulen vorbereitet worden waren, auf eine etwa einen Quadratmeter große Tortenplatte geschichtet, wie sie berichteten. Irgendwann merkten sie, dass die Platte immer schwerer wird und besser waagerecht transportiert werden muss. So passte sie aber nicht mehr durch die Tür! Architektur steht eben nicht auf dem Lehrplan. Also trugen sie die Torte wieder ab, um sie andernorts wieder aufzuschichten und bewiesen bei der Feier die höchste Meistertugend: über sich selbst lachen können.

Zu wenig Ohrstöpsel verteilt

Die jährliche "Meisterfeier" zählt neben dem Neujahrsempfang von Handwerkskammer (HWK) und Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie Ball und Sommerfest der Wirtschaft des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) zu den Höhepunkten im Festkalender der Berliner Wirtschaft. Wobei die Meisterfeier weitgehend ohne Prominente und Alkohol auskommt, da sie schon am Vormittag beginnt. Weniger unterhaltsam ist sie aber nicht, was in diesem Jahr vor allem auch an kleinen Missgeschicken lag.

So ging gleich zu Beginn der Veranstaltung ein kollektives Zucken durch den mit mehr als 1000 Gästen gefüllten Saal als die elf Mitglieder der Band Bando Berlin gleichzeitig mit ihren Holzstöcken auf die mitgebrachten Stahlfässer eindroschen. Ein 100-Dezibel-Schock. Jemand hatte vergessen, vorab die eigentlich vorgesehen Ohrstöpsel auf den Sitzen zu verteilen. Gefallen hat die Show den meisten Gästen trotzdem.

Nervöse Staatssekretärin ersetzt erkrankte Senatorin

Auch eine andere Panne wurde charmant gelöst: So hatte Barbro Dreher, seit gerade einmal drei Wochen Staatssekretärin in der Senatswirtschaftsverwaltung, erst beim Frühstück erfahren, dass sie stellvertretend für die plötzlich erkrankte Senatorin Ramona Pop (Grüne) das das offizielle Grußwort halten sollte. Die politische Beamtin hatte ihre Berufsausbildung zur Regierungsinspektorin bereits vor 29 Jahren beendet und gilt als fachlich sehr erfahren – aber nicht auf der Bühne. Merklich nervös erklärte die 61-Jährige, dass sie zum letzten Mal seit ihrer Abi-Feier vor so vielen Leuten sprechen müsse.

Herausforderung: Fotograf Konstantin Gastmann stieg am Ende der "Meisterfeier" auf eine Leiter, um Hunderte Berliner Meisterinnen und Meister auf einem Gruppenbild einfangen. Wer in dem Moment die Augen zum Blinzeln schloss, hatte Pech gehabt.
Herausforderung: Fotograf Konstantin Gastmann stieg am Ende der "Meisterfeier" auf eine Leiter, um Hunderte Berliner Meisterinnen und Meister auf einem Gruppenbild einfangen. Wer in dem Moment die Augen zum Blinzeln schloss, hatte Pech gehabt.

© Kevin P. Hoffmann

Es war keine gute Rede im klassischen Sinne ("Und wenn Sie mal Schwierigkeiten haben, dann googeln sie"), sie kam bei den Meisterinnen, Meistern und ihren Familien aber ganz gut an, da Staatssekretärin Dreher bewies, dass auch Politiker nicht sofort jedes Handwerk beherrschen und sich mitunter nicht zu schade sind, das auch zu bekennen. Eine ernste Botschaft brachte Dreher aber auch mit: Sie wünsche sich mehr Frauen in von Männern dominierten Berufen, bei Dachdeckern zum Beispiel. Der Satz „Eine gute Vorstellung, dass eine Frau tatsächlich mal auf ein Dach steigt und nicht nur ihrem Mann zu Hause“, provozierte dann sogar den nächsten Lacher im Saal.

Das war auch nötig, denn die Frauenquote unter den insgesamt 718 erfolgreich geprüften Meistern der vergangenen Jahres ist mit knapp 20 Prozent erschreckend niedrig. Nur zwei von insgesamt 34 Jahrgangsbesten, die auf der Bühne von den Kammerpräsidenten geehrt worden sind, waren Frauen. Eine davon, Konditor-Meisterin Claudia Ruhmland, Spezialistin für Dresdner Stollen im Hotel Orania in Kreuzberg, verriet auf der Bühne ihr Geheimnis: viele Rosinen. "Die müssen so nah beieinander liegen, dass sie sich flüsternd unterhalten können.", sagte sie. Mit nur wenigen Rosinen werde es ein Schrei-Stollen. "Und der ist schlecht."

Olaf Scherler, Obermeister der Schuhmacher-Innung Berlin, und seine Ehefrau Sigrid Scherler bei der Meisterfeier 2019 im Maritim Hotel Berlin-Tiergarten. In dem Buch auf dem Tisch sind alle Meisterinnen und Meister seit 1798 aufgeführt.
Olaf Scherler, Obermeister der Schuhmacher-Innung Berlin, und seine Ehefrau Sigrid Scherler bei der Meisterfeier 2019 im Maritim Hotel Berlin-Tiergarten. In dem Buch auf dem Tisch sind alle Meisterinnen und Meister seit 1798 aufgeführt.

© Kevin P. Hoffmann

Schuhmacher halten die Tradition hoch

Eine dritte Meisterin, die als Jahrgangsbeste Schuhmacherin abgeschnitten hatte, war verhindert. Sie hätte einem aussterbenden Traditionshandwerk eine Stimme geben können. Das übernahm für sie - auch hier - ein Mann: Olaf Scherler aus Lankwitz, Obermeister der Schuhmacher-Innung Berlin. Er zeigte an seinem Stand ein riesiges braungraues Buch, in dem die Innung alle Schuhmachermeister der Stadt seit 1798 handschriftlich verzeichnet hat. Der erste hieß demnach Johann Eppler, geboren 1768. Die Innung führt heute nur noch 16 Meister in der Stadt. Und bei Lehrlingsgehältern von 400 bis 650 Euro in den drei Lehrjahren ist es auch nicht so leicht, neue junge Leute für dieses Handwerk zu begeistern.

Bei den Tischlern ist es etwas leichter. Immerhin 47 Personen haben im vergangenen Jahr in Berlin ihren Meister gemacht, darunter vier Frauen. Als die sonst sehr souveräne Moderatorin Petra Gute vom RBB den Jahrgangsbesten, Hermann Probst-Sinell, auf der Bühne interviewte, produzierte sie die nächste kleine Panne, einen Versprecher, den viele im Saal für einen schlüpfrigen Witz hielten. Der Meister berichtete von der Digitalisierung seines Handwerks. In seinem Alltag habe die Computermaus weitgehend den Hobel ersetzt. "Aber zu Hause hobeln sie dann noch ein bisschen?", fragte die Moderatorin und sorgte so für viel Heiterkeit. Die Antwort auf diese private Frage blieb der frische Meister schuldig.

Letzte Feier für Stephan Schwarz

Alles in allem war es eine stimmungsvolle Meisterfeier. Und es war die letzte mit Handwerkskammerpräsident Stephan Schwarz auf der Bühne. Er gibt das Amt nach 16 Jahren bald auf. Gemeinsam mit IHK-Präsidentin Beatrice Kramm beglückwünschte er jeden und jede Einzelne der 36 Jahrgangsbesten. „Jungmeister sind für die Zukunft besser gerüstet als viele Akademiker“, sagte er. Zudem appellierte Schwarz - nach so vielen Jahren Übung völlig pannenfrei - an alle 718 gewürdigten Absolventen, den Weg in die Selbstständigkeit zu prüfen, sei es durch Gründung eines Unternehmens oder durch die Übernahme einer der vielen Betriebe, deren Inhaber Nachfolge suchen. „Haben Sie den Mut, trauen Sie sich etwas zu!“ Kramm sagte, die duale Ausbildung sei „die perfekte Basis für ein erfolgreiches Berufsleben“. Daher sollten die Meister ihr Wissen weitergeben. „Bilden sie aus!“, forderte sie. Aus Fehlern werde man klug.

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