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Toter Säugling: Haftbefehle gegen Eltern

In Spandau hat ein junges Elternpaar sein kleines Kind anscheinend so schwer misshandelt, dass es starb. Eine zuständige Sozialarbeiterin hatte nichts bemerkt. Jetzt wurde das Abgeordnetenhaus aktiv.

Zwei Grablichter, ein Blumenstrauß stehen draußen im Nieselregen vor der Eingangstür. Trauer liegt über den Neubaublock am Brunsbütteler Damm im Spandauer Ortsteil Staaken. Hier wurde in einer Wohnung im ersten Stock am Mittwoch offenbar ein sieben Wochen alter Säugling zu Tode misshandelt. Die Polizei hat die 22-jährige Mutter und den gleichaltrigen Vater festgenommen. Sie stehen in Verdacht, das Baby durch „massive Gewalteinwirkung“, wie es im Obduktionsbericht hieß, getötet zu haben. Der Säugling soll zum Teil auch ältere Verletzungen aufgewiesen haben.

Gegen 10.30 Uhr hatte die Mutter, Daniela F., den Notarzt alarmiert. „Sie stand unten vor dem Haus und schrie immer wieder: Was ist mit meinem Kind?“, berichtete eine Nachbarin. Der Vater, Manfred M., habe ebenfalls am Notarztwagen gestanden. Doch der Notarzt konnte nur noch den Tod des Jungen feststellen. Das Baby sei „geschüttelt und geschlagen“ worden, sagte ein Ermittler. Am Donnerstagabend erließ ein Richter gegen beide Haftbefehl wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

„Ich bin so geschockt“, sagte eine Nachbarin unter Tränen gestern. Sie wohnt direkt unter der Familie. Der Vater habe nicht ständig bei der Frau und dem Kind gelebt. „Wenn er da war, dann war es oft sehr laut. Er hat viel gebrüllt und auch mal was zerschmettert.“ Die Polizei wollte sie schon manches Mal rufen, sagte die Nachbarin. „Aber ich dachte, da sich das Jugendamt kümmert, wird der Frau ja geholfen.“

In der Tat habe sich eine Sozialarbeiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienst des Bezirks bereits kurz nach der Geburt des Jungen an die Mutter gewandt, sagte Gesundheitsstadtrat Martin Matz (SPD). Daniela F. war dem Jugendamt bekannt: Im Alter von 16 Jahren sei sie das erste Mal schwanger gewesen. Das Kind lebe heute bei einer Pflegefamilie. Nach der zweiten Geburt, habe eine Sozialarbeiterin am 13. Dezember, wenige Tage nach der Entbindung, vor der Tür gestanden. „Niemand war zu Hause“, sagte Matz. Zwei weitere Termine fielen aus. Doch am 17. Januar habe es geklappt: „Die Sozialarbeiterin hat mit beiden Eltern ein Gespräch geführt“, sagte Matz. Die Wohnung sei ordentlich und kindgerecht ausgestattet gewesen. Matz sagte, die Helferin habe den Eindruck gehabt, die Eltern seien an der Unterstützung sehr interessiert. Anzeichen für Misshandlungen habe es nicht gegeben. Allerdings habe die Sozialarbeiterin das Kind nur bekleidet gesehen. „Sonst wären ihr mögliche Verletzungen aufgefallen“, sagte Matz.

Das Abgeordnetenhaus beschloss gestern die Einführung eines „verbindlichen Einladungssystems“ für Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt. Ein CDU-Antrag, diese Untersuchungen verpflichtend zu machen, wurde abgelehnt. Rechtlich gibt es Bedenken dagegen, da dies einen Eingriff in das Erziehungsrecht darstellen könnte. Um das „verbindliches Einladungssystem“ umzusetzen, plant Berlin eine zentrale Stelle, über die Eltern schriftlich aufgefordert werden, die Untersuchungen wahrzunehmen. (tabu/sib)

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