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Die Künstlerszene macht Berlin besonders attraktiv. Rafael Balsemão mit Freunden im Tacheles.

© Privat

Tourismus-Boom: Warum Brasilianer Berlin lieben

Im Jahr 2010 kamen erstmals mehr als neun Millionen Touristen nach Berlin. Besonders bei Brasilianern wird die Stadt immer beliebter. Unsere Austausch-Journalistin Denise Menchen aus Rio de Janeiro berichtet, warum man künftig wohl noch mehr ihrer Landsleute hier treffen wird.

Der Brasilianer Rafael Balsemão lernte schon seit ein paar Jahren Deutsch, als er sich 2009 dafür entschied, einen Deutschkurs in Deutschland zu besuchen. Weil der 31-Jährige in der 11-Millionenstadt São Paulo wohnt und keine Lust darauf hatte, seinen Urlaub in einer kleinen Stadt zu verbringen, entschied er sich für Berlin.

Viel Ahnung davon, was ihn erwartete, hatte er damals nicht. Aber die deutsche Hauptstadt gefiel ihm so gut, dass er seitdem zu einem freiwilligen Werber der Stadt geworden ist. „Ich habe eine E-Mail mit vielen Informationen über Berlin zusammengestellt, die ich immer dann an meine Freunde weiterleite, wenn sie mich nach Reisetipps fragen“, sagt Balsemão. Fünf der Empfänger waren von seiner Begeisterung so beeindruckt, dass sie sich auch auf dem Weg nach Berlin machten.

Dabei waren sie nicht alleine. Die Zahlen vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg zeigen, dass die deutsche Hauptstadt immer mehr Brasilianer anzieht. Zwischen 2009 und 2010 hat sich die Anzahl der Gäste aus diesem Land um 51,4% erhöht - von 27.754 auf 42.020. Im Jahr 2000 waren es nicht mehr als 7.814 Besucher.

Kein Land in der Welt hat 2010 für so ein großes Wachstum bei Berlin-Touristen gesorgt. Bei der Zahl der Besucher aus nichteuropäischen Ländern liegt Brasilien damit an sechster Stelle, hinter den USA (261.319 Touristen), Israel (62.287), Australien (56.836), Japan (50.434) und China (45.376).

Wirtschaftsboom in Brasilien

Das hat viel mit dem Wirtschaftsboom Brasiliens zu tun. 2010 hat sich das brasilianische Bruttoinlandsprodukt um 7,5 Prozent erhöht. Selbst im Jahr 2009, als viele Länder wegen der Finanzkrise große Verluste machten, wies Brasilien nur ein Minus von 0,6 Prozent vor. Außerdem ist der Wechselkurs heutzutage günstiger als früher: Ein Euro ist circa 2,30 Reais wert.

„Brasilien ist eine sehr aufstrebende Nation. Eine Nation, die mittlerweile eine Menge Menschen hat, die reisewillig sind und die sich die Reisen auch leisten können“, so Christian Tänzler, Pressesprecher der Berliner Touristenorganisation VisitBerlin.

Am letzten Freitag ist er mit weiteren Mitarbeitern der Organisation nach Brasilien geflogen. In São Paulo und Curitiba treffen sie sich mit Journalisten und Reiseveranstalter, um für Berlin zu werben und Neuigkeiten aus der deutschen Hauptstadt zu präsentieren.

Sie machen Werbung für eine Stadt, die einmalig ist. „Es gibt in Europa keine andere Stadt, die geteilt war, die den Kalten Krieg so erlebt hat, die eine friedliche Revolution hatte und die sich in den letzten Jahren so massiv und dynamisch entwickelt hat“, so Tänzler. Auch der große Anteil an Künstlern und Designern sei ein Faktor, der Berlin zu einem „Trendsetter“ mache und damit viele Gäste aus Ausland anziehe.

„Berlin ist keine selbstverständliche Stadt, es gibt überall versteckte Orte zu entdecken, überall Spuren der Geschichte“, sagt auch der Brasilianer Rafael Balsemão.

Dass man die Stadt auch mit dem Fahrrad erkunden kann, findet er besonders gut.

Alle feiern zusammen

Rafael Balsemão vor einem Mauerstück.
Rafael Balsemão vor einem Mauerstück.

© Privat

Auch von der Vielfalt, der er hier begegnete, war er begeistert. „In Clubs feiern alle zusammen - Schwule, Heteros, und Leute mit den unterschiedlichsten Fetischen. In Brasilien feiern die Gruppen getrennt“. Sein Lieblingsclub in Berlin? Das Berghain, in Friedrichshain.

Auch Rafael Oliveira, der in Rio de Janeiro wohnt, hat einen guten Eindruck von Berlin. Im letzten März war er für sechs Tage in der Stadt. Es war sein zweiter Besuch - im August 2009 hat er schon einmal zehn Tage in der Hauptstadt verbracht. Für ihn ist Berlin die „cidade do momento", die im Moment aufregendste Stadt Europas.

„Es gibt seit ein paar Jahren sehr viel Mundpropaganda um Berlin. Man hört in Brasilien häufig, dass es jetzt die Stadt für junge Leute in Europa ist“, so der 30-jährige Oliveira. „Außerdem sind die Preise im Vergleich mit anderen europäischen Städten günstig.“

„Das Nachtleben ist toll und es gibt auch ein vielfältiges Angebot an interessanten Programmen, die die einzigartige Geschichte der Stadt erlebbar machen und mit der Modernität Berlins verbinden. Und wo immer man hingeht, trifft man eine nette Kunstgalerie, eine Kneipe, ein Café oder einen Laden.“

Oliveira erklärt, dass er kein schlechtes Bild von Berlin hatte, sich aber eine Stadt vorstellte, wo alle touristischen Attraktionen mit der Geschichte zu tun hätten. „Es ist aber nicht so. Berlin ist eine Stadt, die der Zukunft gewidmet ist, mit vielen jungen Leuten und guter Laune.“

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