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Berlin-Mitte.

© Kitty Kleist-Heinrich

Tourismus und Alkohol: Berlin-Mitte wird die Bierbikes nicht los

Der Bezirk wollte die Sauftouren mit Bierbikes stark einschränken. Vor dem Verwaltungsgericht einigten sich Bezirk und Betreiber. Der nahm die Klage zurück.

Von Fatina Keilani

Wer kennt sie nicht, die Horden fröhlicher Touristen auf dem Bierbike, die grölend in die Pedale treten und dabei immer lustiger werden? Dem Berliner Senat ist diese Art Tourismus jedenfalls nicht recht, am liebsten würde er die Gefährte ganz los. Am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht gelang dies jedoch nicht. Ulrich Hoffmann-Elsässer, der seit neun Jahren Bierbike-Touren anbietet, zog zwar seine Klage zurück, trug aber dennoch eine Art Sieg davon: Er darf weiter fahren, zwar nicht auf allen Straßen, aber immerhin zu mehr Zeiten als ursprünglich bewilligt.

„Wir haben uns gewandelt“

Von dem Image der Beförderung von Sauftouristen versucht er ohnehin wegzukommen. „Wir haben uns gewandelt und versucht, das Image zu wechseln“, sagte Hoffmann-Elsässer bei der Verhandlung. Die Firma heißt mittlerweile Bigbike statt Bierbike, der Schwerpunkt liege eindeutig auf dem Verkehrsaspekt und dem Sightseeing. Er könne daher nicht den grundlegenden Unterschied zu Trabi-Safaris, Kutschen, Segways und Hop-on-hop-off-Bussen erkennen.

Und in der Tat: Ist das Bigbike nicht am Ende einfach ein Fahrrad, wenn auch mit Bierfass? Ökologisch also das bevorzugte Verkehrsmittel des rot-rot-grünen Senats? Ist die Neigung, es zu verbieten, nicht eher aus dem unguten Gefühl gespeist, das betrunkene Holländer und Briten auslösen? Bei der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis kommt es auf das Gefühl aber nicht an, sondern darauf, ob überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Etwa ob die Bierbikes den Verkehr unzumutbar behindern. Das tun sie, aber nicht immer und überall.

Bierbikes dürfen am Samstagmittag wieder fahren

Auf sehr stark verkehrsbelasteten Straßen wie Unter den Linden, Friedrichstraße und Leipziger Straße hat das Bezirksamt Mitte die Bierbikes deshalb verboten, in anderen Straßen hat es die Touren zu bestimmten Uhrzeiten untersagt. Am härtesten traf Hoffmann-Elsässer das Verbot, samstags von 11 bis 14 Uhr Touren anzubieten. Diese Beschränkung ist er losgeworden, er kann jetzt also samstags und sonntags ganztägig seine zehn Bierbikes in Betrieb haben, das Verbot der drei Straßen bleibt aber.

Bei diesen kommt noch dazu, dass es sich um Bundesfernstraßen handelt - für die Sondernutzung gelten hier die Regelungen des Bundesfernstraßengesetzes, die für Gewerbetreibende ungünstiger sind als das Berliner Straßengesetz. Während im Berliner Gesetz steht, dass die Erlaubnis „in der Regel erteilt werden soll, wenn überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen“, gewährt das Bundesgesetz der Verwaltung volles Ermessen („bedarf der Erlaubnis“). Sie kann also leichter ablehnen.

Die Parteien einigten sich

In der fast zweieinhalbstündigen Verhandlung einigten sich die Parteien. Das Bezirksamt erteilte direkt im Gerichtsaal die Sondernutzungserlaubnis mitsamt den besprochenen Änderungen, gültig bis Ende Februar 2019, und sicherte zu, bis 15. Dezember einen Bescheid für die Zeit ab 1. März 2019 zu schicken, wenn der Kläger Anfang Oktober eine neue Sondernutzungserlaubnis beantragt. Derzeit hat er nämlich keine. Die letzte war ihm 2014 erteilt worden; sie lief Ende 2017 aus. Einen neuen Antrag hat er nicht gestellt, sondern Mitte 2016 geklagt, weil ihm die Beschränkungen zu weit gingen.

Der Kläger hatte sich auch dazu geäußert, dass es zahlreiche andere Hindernisse in der Stadt gebe und immer neue dazukämen, etwa der geplante Bau der Straßenbahn auf der Leipziger Straße. Die Vertreterin des Bezirks tat dies allerdings recht trocken ab: „Wir kennen ja alle Berlin.“ Vor 2024 werde das ohnehin nichts, lieber wolle sie über die Gegenwart reden.

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