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Liebe oder was? Einige möchten im Kiez lieber unter sich bleiben.

© dpa

Touristen in der Stadt: Klappt in Kreuzberg die Bürgersteige hoch!

Der Kiez will seine Ruhe. Dabei ist Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren Berlins. Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Ernst Burgbacher, erklärt, warum die Tourismus-Debatte der Stadt schadet.

"Berlin liebt dich nicht“ – mit diesem dümmlichen Spruch wollen einige Kreuzberger viele Touristen fernhalten. Menschen, die solche Aufkleber an die Scheiben und Wände des Szene-Kiezes kleben, halten das für originell, die Grünen unterstützen diese absurde Idee. Neulich erst wieder gab es eine neue Idee: Da sollten auch Touristen mitmachen, statt gelangweilt in den Cafés herumzusitzen, wollten die Kreuzberger Protestler sie beim Anti-Gentrifizierungs-Protest einspannen. Sie sollen künftig mit Fahrrad-Demos den Verkehr aufhalten oder bei Wohnungsbesichtigungen mitlaufen und lautstark gegen die steigenden Mieten protestieren. Auch „planloses Herumstehen“ der Reisenden ist geplant. Was kommt als nächstes? Der Sommer ist ja noch jung …

Wer über den Kiez-Tellerrand schaut, ahnt die Folgen: Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren Berlins, 2010 war das erfolgreichste Jahr für den Hauptstadt-Tourismus. Erstmals kamen mehr als neun Millionen Besucher an die Spree, die Statistik zählt 20,8 Millionen Übernachtungen. Berlin gilt international als Stadt, in der man als Besucher viel erleben kann und in der die Menschen gastfreundlich und amüsierfreudig sind. Unvergessen die Stimmung während der Fußball-WM, Berlin zehrt bis heute davon. Nun berichten ausländische Medien über die „Berlin liebt dich nicht“-Kampagne. Ein PR-Gau!

Die Stadt hat den Ruf einer tollen Destination – noch. Gerade haben die Grünen nämlich eine weitere Idee ausgegraben, die eigentlich schon einmal im Jahr 1994 und neuerlich im vergangenen Jahr politisch tot war: Sie fordern eine „City Tax“, jeder Besucher soll pro Übernachtung 2,50 Euro bezahlen. Mit dem Geld soll die Pflanzung neuer Straßenbäume und die Reinigung von Gehwegen bezahlt werden.

Die deutsche Hauptstadt ist für vieles bekannt; als Kurort „Bad Berlin“ eignet sich die Stadt allerdings nicht. Auch fehlendes Grün gehört nicht zu den größten Problemen, denn Berlin hat 436 000 Bäume und ist eine der grünsten Städte Europas.

Ziehen andere Szenekieze nach, können die wenigen Touristen, die dann noch kommen werden, ja früh ins Bett gehen. Berlin bekommt einen neuen Werbespruch: „Be spießig, be Berlin“, die Stadt klappt die Bürgersteige hoch, damit die sensiblen Kiezbewohner nicht gestört werden. Das wiederum passt prima zu einer Kurstadt. Und die Hotelangestellten werden zu Gärtnern umgeschult. Das kann niemand ernsthaft haben wollen!

Der FDP-Politiker ist der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung und parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.

Ernst Burgbacher

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