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Israelische Fahne hängt am Tor der Klosterkirche in Berlin, zum Gedenken an den ermordeten jungen Mann.

© Paul Zinken/dpa

Trauer am Tatort: Mahnwache für getöteten Israeli

Auch wenn es einen Tatverdächtigen gibt, ist noch immer unklar, warum ein 22-jähriger Israeli am Karsamstag sterben musste. Am Sonntag gibt es eine Mahnwache: für ihn und gegen jegliche Gewalt auf den Straßen Berlins.

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Vor einer Woche wurde der Leichnam des jungen Mannes in der Ruine der Klosterkirche in Mitte gefunden, an diesem Sonntag soll seiner bei einer Mahnwache an der Grunerstraße Ecke Littenstraße gedacht werden. „Auch wenn wir noch nichts über die Tathintergründe wissen, ist doch wieder einmal ein junger Mensch in den Straßen von Berlin brutal erschlagen worden“, sagt Mike Samuel Delberg. Der Leiter des Jüdischen Studentenzentrums Berlin hat über das soziale Netzwerk Facebook zu der Mahnwache für den am Karsamstag getöteten 22-Jährigen aufgerufen.

Botschaft im Kontakt mit Familie

Der Leichnam ist bereits von der Polizei freigegeben worden und soll so schnell wie möglich nach Israel überführt werden. Das sagte die Sprecherin der israelischen Botschaft, Adi Farjon, am Sonnabend dem Tagesspiegel: „Wir stehen in engem Kontakt zu der Familie in Israel. Dort ist heute noch Feiertag, aber morgen oder spätestens Montag soll der Sarg mit den sterblichen Überresten nach Israel gebracht werden.“

Am Freitagabend hatten die Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft verkündet, dass die brutale Tötung des Mannes offenbar aufgeklärt sei. Wie berichtet war in Usti nad Labem an der deutsch- tschechischen Grenze am Freitagabend ein 28-jähriger Albaner als Tatverdächtiger festgenommen worden. Die Mordkommission war ihm über ein Hostel in Mitte auf die Spur gekommen, in dem das spätere Opfer am Karfreitag eingecheckt war. Dort habe der Israeli Kontakt zum Tatverdächtigen gehabt.

Im Hostel will man sich nicht äußern

Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb einen europaweitem Haftbefehl wegen Totschlags erlassen. Aussagen von anderen Bewohnern des Hostels, wonach der mutmaßliche Täter im selben Zimmer gewohnt habe wie sein Opfer, bestätigte die Polizei nicht. Im Hostel selbst wollte man sich am Sonnabend nicht äußern.

Wann der Tatverdächtige nach Deutschland ausgeliefert wird, ist noch unklar. Bei der Festnahme hatten Zielfahnder vom sächsischen Landeskriminalamt auf Bitten ihrer Berliner Kollegen den Kontakt zu den tschechischen Beamten vermittelt. „Es gibt seit Jahren eine gute Kooperation zwischen sächsischer und tschechischer Polizei“, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums. Die Auslieferung nach Deutschland könnte sich aber komplizierter als die Festnahme gestalten. „Das ist auch eine diplomatische Geschichte“, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, dem Tagesspiegel.

Erst seit kurzem in Berlin

Sollte Tschechien den albanischen Staatsbürger an Deutschland ausliefern dürfen, könnte der Tatverdächtige noch an diesem Wochenende von der Mordkommission vernommen werden – von Usti nad Labem bis Berlin sind es nur knapp drei Autostunden. Dann würde man vielleicht endlich etwas über Motiv der Tat erfahren. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass das Opfer israelischer Staatsbürger war, hatten auch internationale, vor allem israelische Medien über das Verbrechen berichtet. Bislang gehen die Ermittler von einem kriminellen Hintergrund der Tat aus.

Mike Samuel Delberg findet es besonders schrecklich, dass der junge Israeli noch am Karfreitag bei der Botschaft und bei der Jüdischen Gemeinde um Unterstützung gebeten hatte. Laut Botschaft wollte er seine Familie in der Nähe von Tel Aviv kontaktieren, damit sie ihm beim Erwerb eines Flugtickets behilflich sein konnte. Er soll sich schon einige Wochen in Köln, aber erst seit kurzem in Berlin aufgehalten haben.

Gedenken an das Opfer

Die Jüdische Gemeinde hatte ihn für Freitagabend zum Essen eingeladen und ein Zimmer organisiert. Doch er war offenbar in das Hostel gegangen. „Egal, was dahinter steckt – niemand hat das Recht, einem Menschen das Leben zu nehmen“, sagt Delberg. Weil das Opfers so entstellt war, hat er die Teilnehmer der Mahnwache am heutigen Sonntag um 16 Uhr aufgefordert, Fotos von dem Verstorbenen mitzubringen. „So können wir ihm – wenigstens symbolisch – sein Gesicht und seine Würde wiedergeben.“

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