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Trauer in Schwarzweiß. Langsam, aber stetig füllte sich am Montag das Gedenkbuch des Zoos für den toten Eisbären Knut mit Eintragungen der Besucher. Auf einer Gedenkseite im Internet gab es bereits über 2200 viele Einträge aus aller Welt. Foto: Lang/dapd

© dapd

Trauer um Knut: "Glückliches Leben im Bärenhimmel"

Über die Ursache für Knuts plötzlichen Tod wird spekuliert - bei Fans wie in Medien. In einem Gedenkbuch am Zooeingang nehmen die Besucher von ihrem Liebling Abschied.

Johannes Bergmann, ein kleiner Mann mit grauem Bart und blauer Schirmmütze, ist immer noch geschockt. Der 51-Jährige hält sich mit einer Hand am Geländer fest, als er über die vielen bunten Trauersträuße hinweg in das leere, von der Sonne beschienene Eisbärengehege blickt. An derselben Stelle im Zoo hat Bergmann auch am Samstagnachmittag gestanden, als Knut wie so oft auf einer kleinen Felsinsel lag. „Der Bär richtete sich auf, als wollte er, wie er das gern tat, seine ‚Knut-Show‘ machen und in Richtung der Besucher schnuppern”, erinnert sich Bergmann. Dann habe sich der Eisbär aber merkwürdig gedreht, sei ins Wasser gefallen, nur noch mal kurz mit der Schnauze und dann gar nicht mehr aufgetaucht.

„Mit Knut ist ein guter Freund vieler Zoobesucher gegangen”, sagt Dauerkarten-Besitzer Bergmann. Seit September, seitdem sich Knut mit den drei Eisbärdamen Nancy, Tosca und Katjuscha ein Gehege teilte, kam der alleinstehende Arbeitslose aus Marienfelde täglich in den Zoo. „Alle Tiere hier machen mir viel Freude. Aber Knut war etwas Besonderes“, sagt Bergmann. Anders als manche Besucher, die sich am Rande des Geheges empört über Knuts Haltungsbedingungen der letzten Monate unterhalten, glaubt der gelernte Gartenbauer nicht, dass der „Stress im Weibergehege” Ursache für Knuts Tod war.

Diese Formulierung stammt aus einem Eintrag im Gedenkbuch, das seit Montagvormittag am Zooeingang unter einem schwarz unterlegten Foto Knuts ausliegt. Tatsächlich ist die Ursache für den plötzlichen Tod des Eisbären noch ungeklärt; es wird viel spekuliert. Am Montag fand die Sektion statt. Gerüchte, wonach Knut durch Ertrinken gestorben sei, bestätigte Zoopressesprecherin Claudia Bienek nicht. Zudem wäre so auch nicht erklärt, warum Knut ins Wasser gefallen war. Die meisten Gedenkbucheinträge und die Abschiedsbriefe am Gehege sprechen aber nicht von Wut, sondern von Trauer. „Habe ein glückliches Leben im Bärenhimmel! Das wünschen Dir alle Zoobesucher und Freunde aus aller Welt”, hat Bergmann auf einen Zettel geschrieben. Manche der mit Zeichnungen und Blumen geschmückten Abschiedsbriefe lesen sich, als sei nicht ein berühmter Eisbär, sondern ein geliebter Mensch gestorben: „Ich kam zu Dir in der Not, wo soll ich nun hin?”, „Knut, ich liebe Dich über alles auf der Welt” und „Du hast mein ganzes Leben verändert”. Viele Schreiben richten sich auch an Knuts ehemaligen, im September 2008 verstorbenen, Pfleger und „Ziehvater” Thomas Dörflein. „Knut und Dörflein haben der ganzen Welt ein Lächeln geschenkt”, heißt es im Gedenkbuch, das sich bei den vielen Zoobesuchern langsam, aber stetig füllt.

Noch mehr Zuspruch erhält das virtuelle Gedenkbuch auf www.zoo-berlin.de, am Montagnachmittag verzeichnete es bereits 2200 Einträge aus aller Welt, darunter aus den USA, Australien und Taiwan. Auch hier herrschen Trauer und Fassungslosigkeit, durchmischt von kritischen Stimmen, die sich gegen die Haltung von Wildtieren in Zoos aussprechen. „Vielleicht bewirkt dein tragisches Ende, dass endlich über das Vegetieren aller Zootiere nachgedacht und auch dementsprechend gehandelt wird“, schreibt ein Nutzer.

Sogar einige langjährige Knut-Fans, die am Montag in den Zoo gekommen sind, machen sich ihre Gedanken. „Ich weiß nicht, ob wir noch regelmäßig in den Zoo gehen werden“, sagt eine Charlottenburgerin, die mit ihrer fünfjährigen Tochter Clara den erst knuddeligen, später imposanten Eisbär oft besucht hat. Anders als vor Knuts Tod sei sie sich nicht mehr sicher, ob ein Leben im Zoo für die eingesperrten Tiere nicht doch zu großes Leid bedeute.

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