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Berlin: Trauriges Ende für das Wirtshaus Schildhorn

Das traditionsreiche Ausflugslokal an der Havel hat dicht gemacht – im Juli soll es zwangsversteigert werden

Spaziergänger auf der Halbinsel Schildhorn wundern sich: Wieso sind die Pforten geschlossen, die sonst tagsüber fast immer geöffnet sind? Warum ist die Schranke für den Mini-Parkplatz geöffnet, die sonst fast immer geschlossen ist? Und das zur besten Ausflugszeit? Das traditionsreiche Wirtshaus Schildhorn, das in den Achtzigerjahren nach einer aufwändigen Renovierung zu neuem Leben erweckt wurde, ist dicht. „Geschlossen“ steht auf einem Zettel, der über das Schild einer Speisekarte geklebt ist. Für Reservierungen ist eine Telefonnummer angegeben, doch wer sie anruft, hört nur andauernde Freizeichen. Es ist das traurige Ende einer einst so hoffnungsvollen Restaurantkarriere. Das Wirtshaus Schildhorn, das seit 1865 in mehreren Baustufen am Havelufer errichtet wurde, ist derzeit keine Adresse für Ausflügler mehr. Ob es das je wieder wird, ist noch fraglich. Die Anlage soll nach Auskunft des Geschäftsführers der ehemaligen Betreibergesellschaft, Hilmar Gathof, vermutlich im Juli zwangsversteigert werden.

Ende des letzten Jahres hatte Gathof schon über das schlechte Geschäft geklagt. Es war das erste Anzeichen für den baldigen Niedergang. Noch im Sommer 2002 hatten hier die Eidgenossen ihren Schweiz-Tag gefeiert, mit großem Rummel und 1400 Gästen. Auch in der kalten Jahreszeit hätte es gut laufen können, doch die Gäste fehlten, viele Firmen sparten mit Advents- und Weihnachtsfeiern. Vor allem Großunternehmen ließen sich zu Festen nicht mehr blicken, mit teilweise „blöden Ausreden“, wie Gathof traurig und wütend vor einer tristen Kulisse von leeren Tischen bemerkte. Eine gängige Ausrede sei gewesen, die Firma habe das Geld gespendet, könne sich eine Feier daher nicht leisten.

Spätestens da war klar: Die Gastronomie-Krise hatte das Wirtshaus voll erwischt. Und nun steht das Ausflugslokal mit seinen hallenartigen Restaurantsälen von 1873 und verglasten Arkaden vollends leer. Die Gründe sind nach Ansicht von Gathof nicht nur in Umsatzrückgängen zu sehen. Die einstige Betreibergesellschaft in Düsseldorf und die Eigentümergesellschaft hätten kein Geld mehr gehabt, Schildhorn am Leben zu halten oder Investoren zu finden, um die Durststrecke zu überstehen. Gathof spricht auch von „gnadenlosen Banken“, ungeklärten Eigentumsverhältnissen und „fehlender Unterstützung vom Senat“. Damit meint er vor allem, dass auf Drängen der Forstverwaltung die Parkplätze verkleinert wurden. Gäste mit Autos seien ausgeblieben, ein reines Tagesgeschäft unmöglich gewesen. „Ich habe viel Herzblut vergossen“, sagt Gathof. Einst habe alles, was Rang und Namen in der Stadt hat, hier große Feste gefeiert. Doch das ist vorbei.

Seine letzte wirklich große Zeit hatte das Wirtshaus Schildhorn noch vor der Wende, nachdem es unter Denkmalschutz-Auflagen restauriert worden war. Es wurde zum Ort, wo die Spitzen der Gesellschaft feierten – normale Gäste aber klagten über zu hohe Preise. Ein späteres Konzept, bürgerliche Küche zu günstigeren Preisen anzubieten, führte nicht zu dem erhofften Erfolg.

Christian van Lessen

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