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Berlin: Treffen zum Rütli-Schwur

250 Sozialarbeiter, Lehrer und Polizisten beraten bei Neuköllner Präventionstag über Problemschüler

Neulich beim Bürgermeister: Schüler einer Grundschulklasse besuchen den höchsten Repräsentanten Neuköllns, Heinz Buschkowsky, erzählen vom Handyklauen, von Schutzgelderpressung, Schlägertrupps auf dem Schulweg und fragen: „Herr Bürgermeister, was tun Sie dagegen?“ Wie er sich aus dieser Affäre zog, bleibt Buschkowskys Geheimnis. Die Pointe dieser Anekdote liegt woanders: „Das waren Kinder mit Migrationshintergrund.“

In seiner charmant-sarkastischen Art, Denkmuster aufzubrechen, eröffnete Buschkowsky den „1. Neuköllner Präventionstag“ in der Friedrich-Ebert-Stiftung und blickte aufmunternd in 250 Gesichter von Pädagogen, Sozialarbeitern, Schulpsychologen und Projektleitern aus seinem Bezirk. Nach den Ereignissen an der Rütli-Schule und dem Film „Knallhart“ könnte man vermuten, in den Gesichtern Resignation oder Zynismus zu lesen. Doch die Stimmung war anders, sehr sachlich und aufgeräumt. Es hatten sich viel mehr Teilnehmer angemeldet als erwartet. Klagen, es gebe zu wenig Personal und Geld, wurden nur zaghaft erhoben. Auch Kritik an Verwaltung und Politik blieb weitgehend aus.

Laut Buschkowsky wurden in Neukölln in den vergangenen drei Jahren 309 Projekte im Bereich Jugendsozialarbeit mit neun Millionen Euro gefördert. Es wird viel getan, aber die Probleme wachsen offenkundig in einem schnelleren Tempo als die Lösungen. Schule, Polizei, Jugendämter und soziale Träger sollen deshalb noch enger zusammenarbeiten.

Wie das gehen kann, erzählten Schulleiter Volker Steffens und der Präventionsbeauftragte des Polizeiabschnitts 55 am Beispiel der Thomas-Morus-Schule am Rollbergkiez. Dort geht dreimal im Jahr ein Polizist in alle Klassen und informiert über Gesetzesverstöße und ihre Folgen. Diese Stunden würden sorgfältig vor- und nachbereitet, sagt Steffens. Außerdem plaudern Polizisten auf dem Schulhof gelegentlich mit Lehrern und Schülern. Man kennt und respektiert sich – und genau das ist auch das Ziel. Wie andere Schulleiter auch, bedauert er aber, nicht immer über das Vorstrafenregister seiner Schüler informiert zu sein. „Wenn jemand identifiziert werden soll, schaut man in diese Fotomappe und sieht viele bekannte Gesichter.“

Wegen des knappen Personals an den Schulen werden Initiativen freier Träger immer wichtiger. Im Neuköllner „Netzwerk Löwenherz“ etwa arbeiten Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen neben ihrem Job mit Schulschwänzern und verhaltensauffälligen Schülern. Schüler der Rütli-Schule werden zurzeit auf einem Pferdehof betreut. Das Projekt war lange vor dem Brandbrief der Lehrer in der Planung. Prävention bedeutet eben, sehr dicke Bretter zu bohren. loy

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