zum Hauptinhalt

Berlin: Treppe aufwärts

Der Regierende Bürgermeister schaut sich im Plattenbau in Lichtenberg um

Es kommt nicht alle Tage vor, dass der Regierende Bürgermeister die Treppen nimmt. Vor allem dann nicht, wenn es vierzehn Treppen sind. Am Mittwoch hat Klaus Wowereit den beschwerlichen Weg an der Frankfurter Allee in Kauf genommen, weil er Angela Lewandowski und Maik Schieche besuchen wollte – doch der Aufzug hatte wegen Überlastung gestreikt. Die beiden Frauen leben zusammen mit ihren beiden Töchtern in der 45000. Plattenbauwohnung der Wohnungsbaugesellschaft Howoge, die saniert worden ist.

Oben angekommen, holen Wowereit und seine Entourage kurz Luft. Dann übergibt der Regierende an den Hausherrn einen Präsentkorb. Die Familie freut sich über Kaffee, eine Dose Obstcocktail, Rotwein, spanische Oliven und Knoblauch- Sprossen in Öl. Ingeborg Junge-Reyer, die Stadtentwicklungssenatorin, hat mit dem Wowereitschen Tempo auf der Treppe nicht ganz mithalten können und kommt mit den Hyazinthen und Dahlien für die Hausherrin ein paar Minuten später. Nun sitzen sie auf der Couch und plaudern zur Freude der Howoge-Geschäftsführer. Darüber, dass die Bauarbeiten keine Belästigung waren, dass sie zufriedene Mieter sind und gerne ein paar Euro mehr zahlen für den Concierge, der bald auch im Foyer ihres Hauses seinen Dienst tun wird.

Den Concierge-Service hat die Howoge zum ersten Mal 2001 eingerichtet, um in den großen Plattenbauten das Sicherheitsgefühl der Mieter zu stärken. Gute Erfahrungen habe man damit gemacht, heißt es bei der Howoge, das zeige sich in den Mieter-Befragungen.

Das könnte sich jetzt ändern, denn die Mieter in der Frankfurter Allee sollen für den Service mehr bezahlen. Das Personal für diese Jobs rekrutiert die Wohnungsbaugesellschaft vor allem aus Langzeitarbeitslosen – das Arbeitsamt fördert das. Doch diese Förderung läuft aus, die Kosten sollen nun die Mieter tragen. Schon warnt der Mieterverein: Der Concierge gehöre nicht zu den umlagefähigen Betriebskosten, weshalb die Mieter keiner Erhöhung ihrer Miete zustimmen müssten.

Die Plattenbauten der Howoge sind beliebt, der Leerstand beträgt nach eigenen Angaben etwa drei Prozent. Von Abriss oder Rückbau, wie in Marzahn, ist hier keine Rede. Im ihrem Besitz sind noch rund 3000 unsanierte Plattenbauwohnungen, 1300 davon sollen nur mit dem Nötigsten instand gesetzt werden, damit auch ausreichend viele preisgünstige Wohnungen zur Verfügung stehen, die billiger sind als der Durchschnitt: Howoge-Mieter zahlen circa 4,70 Euro pro Quadratmeter.

Ingeborg Junge-Reyer und Klaus Wowereit haben sich für ihre Rundfahrt durch sanierte Plattenbaugegenden vier Stunden Zeit genommen. „Entscheidend ist die Wohnungsqualität“, sagt die Stadtentwicklungssenatorin, „damit sich die Leute wohl fühlen. Das ist hier der Fall, nicht aber in Marzahn oder Hellersdorf. Da sollte noch stärker über Abriss nachgedacht werden.“

Zur Startseite