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Treptow: Ungewöhnlich, beharrlich – und erfolgreich

Die Initiative „Organizing Schöneweide“ kämpft für den Kiez. Klaus Wowereit schaute sich die Ergebnisse an und findet sie "ungewöhnlich" und "einmalig".

Wessen Herz nicht an Oberschöneweide hängt, der nennt den Stadtteil schon mal despektierlich „Oberschweineöde“. Der Kiez, in dem noch vor 20 Jahren 25.000 Menschen lebten und 30.000 arbeiteten, war einst Berlins größtes Industriegebiet. Mittlerweile ist die Einwohnerzahl um die Hälfte zurückgegangen, mehr als 25.000 Menschen haben ihre Arbeit verloren. Mit Schöneweide verbanden viele Berliner lange Zeit vor allem Neonazis, Hartz-IV-Empfänger und Hoffnungslosigkeit.

Vor acht Jahren stellte sich ein Mann diesem Image entgegen – erfolgreich: Der Amerikaner Leo Penta, Professor an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen, gründete die Bürgerplattform „Organizing Schöneweide“. Im Unterschied zu einer Bürgerinitiative engagiert sich die Bürgerplattform nicht nur für ein Thema, sondern für einen ganzen Kiez. Der erste große Erfolg gelang „Organizing Schöneweide“ im Jahr 2005: Sie holte die Berliner Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) in den Stadtteil. Ab dem Wintersemester 2009/2010 sollen 8000 Studenten auf dem Campus in der Wilhelminenstraße studieren.

Vor sechs Jahren besuchte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Aktivisten von „Organizing Schöneweide“ zum ersten Mal. Gestern kam er erneut, um auf einer Bootstour vom Wasser aus zu sehen, wie sich der Kiez seitdem entwickelt hat. Mittlerweile arbeiten 17 verschiedene Gruppen mit. Darunter sind die Evangelische Friedenskirche Niederschöneweide, das Caritas- Seniorenzentrum St. Konrad, die Freie Waldorfschule Südost und die Kleingartenanlage Oberspree. Um mehr Wirtschaftsunternehmen und Arbeitsplätze in den Kiez zu bringen, gründete „Organizing Schöneweide“ 2007 die „Schöneweide AG“. In Zusammenarbeit mit 20 ortsansässigen Unternehmen und der Senatsverwaltung für Wirtschaft sollen bis 2010 rund 440 neue Arbeitsplätze in Schöneweide entstehen. „Wir wollen Schöneweide wirtschaftlich weiterentwickeln“, sagte Gunther Jancke, Organisator der Plattform.

Klaus Wowereit nannte es bei einem Gespräch im ehemaligen DDR-Rundfunkgebäude in der Nalepastraße „berlinweit einmalig“ und „ungewöhnlich“, dass sich ein derart breites Bündnis von Menschen für die wirtschaftliche Entwicklung eines ganzen Stadtteils engagieren. Während der Besichtigungstour auf dem Wasser habe er gesehen, was sich verändert habe, aber auch,was noch zu tun sei. Der Zusammenbruch der industriellen Infrastruktur nach der Wende dokumentiere sich in Schöneweide besonders. „In den nächsten Jahren können wir das nicht korrigieren“, sagte Wowereit. Trotzdem gebe es gute Chancen, auch im hochindustriellen Bereich Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern. Der Standort Schöneweide habe über längere Sicht gute Chancen. Die Ansiedlung der FHTW nannte Wowereit eine „Schlüsselinvestition“, die andere Unternehmen anlocken werde. Von seinen Politikerkollegen forderte Wowereit, die Plattform als Potenzial zu betrachten, das „hilft und nicht schadet“. Deshalb werde die „Schöneweide AG“ auch von Landesseite unterstützt. Natürlich sei die Beharrlichkeit der Bürgerplattform zuweilen auch „unangenehm“: Doch das Engagement sei eine wunderbare Ergänzung, und: „Hier ist so viel Know-How vorhanden, das habe ich in der Verwaltung gar nicht, und könnte es auch gar nicht bezahlen“, sagte Wowereit.

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