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Berlin: Tretmühle

Von Annette kögel Endlich. Der Atemhauch vorm Mund ist verschwunden, und die Luft duftet süß nach Frühling.

Von Annette kögel

Endlich. Der Atemhauch vorm Mund ist verschwunden, und die Luft duftet süß nach Frühling. Zeit, die Autoheizung abzustellen und das Fahrrad aus dem Keller zu holen. Oder sich vielleicht nach einem neuen umzusehen. Wie wäre es mit einem lässigen Cruiser? Einem kultigen Bonanza-Rad mit Bananensattel? Wir haben zum Saisonstart drei ungewöhnliche Modelle probegefahren.

Roooaaarr!

Nach 200 Gramm Kaviar und vier Gläsern Schampus kann so etwas schon einmal passieren. Da haben Geschäftsleute beim Empfang im Autohaus die Vorderbremse zu kräftig gezogen, das Rad taucht vorne ein – und der Fahrer steigt vorn über den Lenker ab. Es ist giftig, dieses Geländefahrzeug, aber wer sich darauf einlässt, kann viel Spaß haben. Die Federung schluckt jede Bordsteinkante, jeden Pflasterstein. Eine gewisse Sportlichkeit muss der Fahrer aber mitbringen – die Arme müssen auf dem niedrigen Lenker viel vom Körpergewicht tragen. Doch das hat auch etwas Gutes. So sparen sich die Mitglieder im Diplomaten-Fitnessclub, Tiergarten, ein paar Trainingseinheiten an Geräten – der Club unterhält einen Porsche-Fahrrad-Fuhrpark. Beim „Bike FS“ steht Porsche drauf, und es ist auch Porsche drin. Ein paar Umdrehungen, und schon hat man jeden Konkurrenten abgehängt. Wer sich mit dem Luxus-Radl nicht in erster Linie fortbewegen, sondern damit posieren möchte, für den haben die Designer mitgedacht: Stehen beide Beine auf dem Boden, ist der Schriftzug immer noch gut zu lesen. Wenn das Handy in der Anzugtasche klingelt, kann man auch prima freihändig fahren. Streicht man über den Lack, fühlt sich das Gelände-Bike etwas rauher an als etwa ein Porsche Boxster, aber der ist ja auch nicht für Wald und Flur, sondern für die Straße gebaut. 30 Luxus-Räder werden bundesweit schon auf Dachgepäckträgern transportiert. Vor allem Fans der Automarke erstehen das Rad zum Wagen. Manchmal gibt es den Renner auch als Zugabe. So kräftig man auch tritt, auf viel mehr als 50 Kilometer pro Stunde bringt er aber nicht. Und man vermisst ein paar höhere Gänge. Dafür schmeicheln Begrifflichkeiten wie „Direct-speed-9fach-Schaltwerk“,„Flankenschutzmodule“ und „Down-Pull-Umwerfer“ dem Ego des Besitzers – was auch immer sie bedeuten. Und: So ein Porsche ist nicht nur einfach rot. Die Farbe heißt „Energy red“. Was sonst.

Modell: Porsche Bike FS. Preis: 3932,40 Euro. Probefahrt-Sponsor: Porsche Zentrum Berlin, Franklinstraße 23. Teststrecke: Rund um die Gotzkowskibrücke.

Kinder-Taxi

Nein, das ist keine Sambatrommel, – eher eine Kiste fürs Kind. Ein Eltern-Kind-Dreirad, mit 33 Kilo wohl das leichteste derzeit erhältliche Transportrad. Sagt Diplomingenieur Carlos Labrana, der die dänischen „Nihola“-Räder hierzulande vertreibt. „Ein stabiles Fass auf drei Rädern“ wirbt der Prospekt, das klingt schwerfällig. Doch das drollige Ding fährt sich für ein Fass recht wendig. Dank der Achsschenkellenkung steuert es sich wie ein Auto. Und reagiert wie ein Moped mit Beiwagen – man kann sich nicht in die Kurve legen. Dafür steht es wie eine Eins. Keinerlei Kippgefahr für die Kleinen. Mütter beäugen das Rad skeptischer: Für ein Kind wäre ein Fahrradsitz praktischer – bei Zwilligen könne sich die Investition aber lohnen. Schließlich haben Mama oder Papa den Nachwuchs immer im Blick. Auf schmalen Gehwegen und Rushhour-Straßen muss man aber vorsichtig manövrieren – schließlich ist das Rad mit vielem, aber nicht mit Airbags ausgerüstet. Dafür aber mit Regenüberzug sowie Klappbank mit viel Gepäckraum für Windeln und Spielzeug. Wenn man den Sitz herausnimmt, passt eine Kinderwagenschale hinein. Vorn lassen sich Stecklichter befestigen, so sieht man, dass ich etwas Breiteres den Weg bahnt. Der gebürtige Chilene Labrana besitzt nicht nur einen hessischen Akzent, sondern auch Erfindersinn und Erfahrung mit Behinderten. So kann er das Rad auch für Sitzschalen aus Kinderrollstühlen umrüsten. Die „Nihola“-Kutsche fährt sich oft geradezu majestätisch. Noch bequemer vor und zurück ginge es im aber mit einem Rückwärtsgang.

Modell: Nihola. Preis: ab 1800 Euro. Probefahrt-Sponsor: radradrad, Transporträder und mehr, Marienburger Straße 31, 10405 Berlin. Teststrecke: Prenzlauer Berg.

Rückenwind eingebaut

Zugegeben: Eine Schönheit ist es nicht. Schaut ein wenig pubertär aus, das Klapprad, noch nicht ausgewachsen. Aber wie so oft täuscht der erste Eindruck. Denn das „Dahon Roo El“ hat es in sich. Oder, besser gesagt: Der Elektromotor. Der säuselt wie ein Rasierer und ist praktisch: springt immer dann an, wenn man tritt, und unterstützt einen mit rund 24 Stundenkilometer Rückenwind. Hilft den Mehringdamm hinauf oder über Brandenburgische Alleen. Drei Handgriffe, und das Radl ist im Kofferraum verschwunden – smart, smart. Schade, dass der Motor nicht ständig zuschaltbar ist. Aber dann bräuchte man einen Führerschein, und den wollten wir ja zuhause lassen.

Modell: Dahon Roo El Faltrad. Preis: 1299 Euro. Probefahrt-Sponsor: Zweirad-Stadler, Königin-Elisabeth-Straße 9-23, 14059 Berlin. Teststrecke: Der Parcours im Laden.

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