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Berlin: Treu deutsch gefragt

Ausländerfeindlich? Was Türken und Araber über den Test für einbürgerungswillige Muslime sagen

„Welche Antwort soll ich dir jetzt geben“ lacht Enes (24), „eine ehrliche oder die, die ich geben würde, wenn ich den Test machen müsste?“ Seit Anfang des Jahres müssen sich in Baden-Württemberg Muslime, die sich um die deutsche Staatbürgerschaft bewerben, einem Gesinnungstest unterziehen, ein bisher einzigartiges Verfahren in der Bundesrepublik.

Enes und sein 21-jähriger Bekannter Ali beantworten die Fragen höchst unterschiedlich, ja geradezu gegensätzlich. Während Ali keine Probleme haben dürfte, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten, müsste sein Freund Enes wohl ausgewiesen werden. Nur in zwei Punkten stimmen beide überein: Sie würden keinen homosexuellen Sohn oder Bruder haben wollen. Und sie sind sich einig, dass sie den Test als diskriminierend empfinden – wie die meisten muslimischen Befragten.

In der Wahrnehmung der 15 befragten Muslime, Türken und Araber zwischen 18 und 55 Jahren, werden die Anschläge vom 11. September 2001 unisono als terroristischer Akt abgelehnt. Viele verweisen auf die Gewaltlosigkeit des Islam und das Suizidverbot und begründen damit, dass Selbstmordattentäter nicht mit der islamischen Religion vereinbar seien.

Ein Problem sehen viele der Befragten weniger in der Teilnahme muslimischer Mädchen am Sportunterricht oder an Klassenfahrten – sondern vielmehr in dem Gesinnungstest selbst, der für Muslime die Frage nach ihrer sozialen Stellung in diesem Land erneut aufwirft. Er komme sich „benutzt“ vor, sagt Ali’s Vater, „erst haben sie uns hergeholt, damit wir das Land aufbauen, und jetzt versucht man uns auf jede erdenkliche Weise das Leben hier schwer zu machen“. Auch über die Stereotypisierungen von Muslimen in den Fragen regen sich die Befragten auf. „Muss ich, bloß weil ich Muslim bin, Probleme mit einer Frau als Vorgesetzter haben“, fragt Talib (18). Und auch Homosexualität hat offenbar wenig Bedeutung, so lange sie nicht in der eigenen Familie vorkommt. „Wowereit und Westerwelle stören mich nicht, sollen sie doch schwul sein, so lange sie ihre Arbeit richtig erledigen“, sagt Enes, und Ali stimmt ihm zu.

Sarah Tolba

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