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Berlin: Trostpflaster

sucht im Sand nach tieferer Bedeutung Die große sinnstiftende Erkenntnis der 68er: Unter dem Pflaster liegt der Strand. Eine Parole, so groß und geräumig, dass man in ihrem Schatten Frauengruppen gründen, Kerzenhalter töpfern, Barrikaden abfackeln oder Regierungen stürzen konnte – es passte schon irgendwie.

sucht im Sand nach tieferer Bedeutung Die große sinnstiftende Erkenntnis der 68er: Unter dem Pflaster liegt der Strand. Eine Parole, so groß und geräumig, dass man in ihrem Schatten Frauengruppen gründen, Kerzenhalter töpfern, Barrikaden abfackeln oder Regierungen stürzen konnte – es passte schon irgendwie. Das harte Pflaster stand für Staat, Macho, Repression, Kapital, der weiche Sand für das jeweilige Gegenteil.

Plötzlich liegt überall nur noch Strand herum. Der Bundespressestrand, an der Spree, soeben wieder eröffnet, ist auf dem Weg, eine Institution zu werden wie die Love Parade; Volleyball ohne die Vorsilbe „Beach“ ist hoffnungslos vorgestrig – und jeder, der sich im Gleichschritt mit dem Zeitgeist zeigen möchte, kippt irgendwo einen Haufen Sand hin und vertraut darauf, dass sich der Zweck schon irgendwie ergeben werde. Tja, 68er: Sozialismus, Anarchie, Gefühl statt Härte – alles ziemlich erledigt. Nur der Strand hat sich durchgesetzt, weich, wie er ist. Doch was liegt unter ihm? Die Verhältnisse, sie sind geblieben. Aber sie lassen sich barfuß leichter durchqueren. Immerhin ein Trostpflaster.

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