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Margarete Koppers steht in der Kritik.

© Paul Zinken/dpa

Trotz Schießstandaffäre in Berlin: Koppers wird Generalstaatsanwältin auf Lebenszeit

Berlins Generalstaatsanwältin Koppers startete durch die Affäre um die Polizei-Schießstände belastet ins neue Amt. Nun trägt sie eine schwere Hypothek.

Der Senat hat entschieden – Warnungen zum Trotz, obwohl immer wieder Altlasten aus Margarete Koppers’ Zeit als Polizeivizepräsidentin hochkochen. Es gebe keine Gründe, „das Ende der Probezeit nicht mit einer Ernennung“ abzuschließen, sagte eine Senatssprecherin am Dienstag. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) überreicht Koppers am Mittwoch die Ernennungsurkunde – zur Generalstaatsanwältin auf Lebenszeit.

In den vergangenen Wochen war die Debatte über Koppers erneut hitzig geführt worden. Es ging nicht mehr um Behrendts Entscheidung, nach der Machtübernahme durch Rot-Rot-Grün 2016 eine von seinem Vorgänger Thomas Heilmann (CDU) eingesetzte Auswahlkommission komplett auszutauschen.

Nun steht Innensenator Andreas Geisel (SPD) im Zentrum der Debatte. Weil er 2017 gegen Koppers kein Disziplinarverfahren einleitete – obwohl gegen sie in der Schießstandaffäre wegen Verdacht auf Körperverletzung im Amt ermittelt wird. In der Polizei sorgt das für Unmut: Denn gegen Polizeibeamte wird in aller Regel ein Disziplinarverfahren eröffnet, sobald sie Beschuldigte sind.

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Streit um nicht eingeleitetes Disziplinarverfahren

Geisels Nicht-Entscheidung fußte auf der falschen Behauptung, die Staatsanwaltschaft gebe keine Akten heraus. Zuletzt sprang die Staatsanwaltschaft Geisel doch noch bei – mit einer Erklärung, die Beobachter sprachlos machte. Die Ablehnung eines Antrags eines Abgeordneten auf Akteneinsicht habe das Innenressort „vertretbar“ so auffassen können, dass auch ihr keine Auskunft von der Staatsanwaltschaft erteilt werde. Geisel, mit Trickserei-Vorwürfen konfrontiert, schiebt nun nach: Es sei kein Verdacht für ein Dienstvergehen bei Koppers erkennbar.

Die Opposition wirft Geisel vor, absichtlich kein Disziplinarverfahren gegen Koppers eingeleitet zu haben – damit sie im März Generalstaatsanwältin auf Probe werden konnte. Bei der Polizei ist der Regelfall: Kein Aufstieg bei Disziplinarverfahren, es sei denn, die Vorwürfe sind völlig absurd. Rot-Rot-Grün widersprach: Auch mit Disziplinarverfahren hätte Koppers aufsteigen können. Dabei liegt das Problem woanders – bei der Auswahlentscheidung: Hätte Geisel im Mai 2017 ein Disziplinarverfahren eingeleitet, hätte Behrendt Anfang Juli 2017 dem Senat schwerlich Koppers vorschlagen können.

Egal, ob sie eine gute Behördenleiterin ist, ob die Besetzung – wie Richter entschieden – rechtens war: So, wie das Verfahren lief, bleiben Zweifel. In der Polizei herrscht Entrüstung. Der Personalvertretungsverband „Unabhängige“ spricht von einem „miesen Vorgehen“ des Senats, von einem „Schlag ins Gesicht“ eines jeden Polizisten.

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger sagt: „Letztlich lädt der Senat Frau Koppers eine Riesenhypothek auf die Schultern, sie muss damit jetzt ein so wichtiges Amt führen. Es wäre besser gewesen, die Vorbehalte abzuräumen, damit sie unbelastet ihr Amt ausüben kann.“ Selbst der Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux sagt: „Wir hätten die Ernennung von Frau Koppers besser erklären müssen.“ In der Sache sei aber „korrekt entschieden worden“. Er könne den Unmut vieler Beamter verstehen und wolle in der Koalition beraten, ob das Disziplinarrecht zu starr ist.

Koppers hängt nicht nur die Schießstandaffäre nach, in der ihre Behörde nun gegen sie ermittelt. Zwölf Todesfälle, mutmaßlich verursacht durch giftige Dämpfe in den Schießständen, werden beklagt. Zustände, von denen Koppers lange gewusst hat. Sogar bereits gesperrte Schießstände soll sie wieder geöffnet haben. Es gibt weitere Kritikpunkte: Der Personalmangel beim Landeskriminalamt vor dem Amri-Terroranschlag, das Chaos im Anschluss.

Der gerichtlich festgestellte Verstoß gegen das Arbeitszeitrecht beim Zentralen Objektschutz durch ein Dienstzeitmodell. Gerichtsfest ist ihr rechtswidriger Eingriff in ein Personalauswahlverfahren. Auch für die Eskalation an der Polizeiakademie wurde Koppers verantwortlich gemacht, sie hatte dort eine umstrittene Strukturreform durchgesetzt. Schließlich der falsche Maulwurf-Verdacht gegen einen Anti-Rocker-Ermittler. Und auch wegen Patientenakten von Polizisten gab es Ärger – weil Verwaltungsbeamte Zugriff darauf bekamen. Zuletzt Vorwürfe im Zusammenhang mit einem Rockermordprozess. Viele fragen sich, was da noch kommt?

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