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Berlin: Trübe Aussichten für die Wolke

Streit um die Zwischennutzung: Parteien wollen am Schloßplatz eine „grüne Wiese“ und keine temporäre Kunsthalle

Von Sabine Beikler

Eine temporäre Kunsthalle bis zum Baubeginn des Humboldt-Forums, möglicherweise als spektakuläre „Wolke“: Zu den Unterstützern eines solchen Provisoriums gehören neben Kulturstaatssekretär André Schmitz viele Kunst- und Kulturfreunde. Doch daraus wird wohl nichts: Alle fünf Fraktionen im Abgeordnetenhaus lehnen eine solche Zwischennutzung ab. Auch SPD-Landes- und Parteichef Michael Müller widerspricht der Kulturverwaltung. Unstrittig bei den Fraktionen dagegen ist die Errichtung einer Humboldt-Box auf dem Schloßplatz.

„Ich will keine Interimslösung mit einer Kunsthalle am Schloßplatz. Die Historische Mitte muss dauerhaft gestaltet werden. Eine Zwischenlösung aber könnte unter Umständen auch die zügige Realisierung des Humboldt-Forums gefährden“, sagte SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller dem Tagesspiegel am Sonntag. Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte vor kurzem angekündigt, dass im Jahr 2010 mit einer Grundsteinlegung zu rechnen sei.

Müller unterstützt die Position von Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Standort einer Kunsthalle sei eher in der Nähe des Hamburger Bahnhofs (siehe untenstehende Position). „Lehmann hat Recht. In der Umgebung des Hamburger Bahnhofs gibt es viele Entwicklungsmöglichkeiten für Kunst und Kultur“, sagte Müller.

Nach dem Streit über den Abriss des Palasts der Republik sind sich SPD- und Linkspartei in der Diskussion um die Nutzung des Schloßplatzes einig: Sowohl Ex-Kultursenator Thomas Flierl (PDS) als auch PDS–Kulturpolitiker Wolfgang Brauer lehnen eine temporäre Kunsthalle auf dem Schloßplatz ab. „Wenn schon Kunsthalle, dann eher am Hamburger Bahnhof“, sagten beide PDS-Politiker. Sie pochen wie Müller auf einen „schnellen Bau“ des Humboldt-Forums. Als Zwischennutzung für den Schloßplatz sieht Brauer nur eine „grüne Wiese, nichts anderes, bis die Bagger kommen“.

Eine Wiese schlägt auch der frühere Vorsitzende der Internationalen Expertenkommission zur Neugestaltung des Schloßplatzes, Hannes Swoboda, vor. Der österreichische Sozialdemokrat kritisierte den Senat wegen seiner zögerlichen Haltung zum Wiederaufbau des Stadtschlosses. „Ich bedauere, dass Berlin sich nicht stärker mit diesem Projekt identifiziert“, sagte Swoboda der Nachrichtenagentur dpa. Swobodas Kritik wird von den Oppositionsfraktionen Grüne, CDU und FDP einhellig geteilt: „Der Senat wartet ab, was der Bund tut, statt Eigeninitiative zu zeigen“, sagten die Kulturausschuss-Vorsitzende Alice Ströver (Grüne), CDU-Kulturpolitiker Michael Braun und FDP-Fraktionschef Martin Lindner. Die drei Politiker erteilen auch einer temporären Kunsthalle auf dem Schloßplatz eine Absage, unterstützen stattdessen den Lehmann’schen Vorschlag für eine Kunsthalle nahe des Hamburger Bahnhofs.

„Eine privat finanzierte Kunstzwischennutzung ist besser als eine grüne Wiese“, sagt dagegen Torsten Wöhlert, Sprecher der Kulturverwaltung. Demnächst werde es „weitere Gespräche“ geben. Bisher existieren zwei Konzepte: das Projekt „Wolke“ der Architekten Gralf sowie der Pavillon des Wiener Architekten Adolf Krischanitz. Und nach politischem Willen wird sich die Verwaltung auch mit einer dritten Variante befassen müssen: der „Grünen Wiese“.

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