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Das Freitagsgebet im umstrittenen Gebetsraum der TU Berlin.

© Yves Bellinghausen

TU Berlin: Großer Andrang und Verärgerung beim letzten Freitagsgebet

Von Montag an will die Berliner TU keine muslimischen Gebetsräume mehr in ihren Räumlichkeiten haben. Während des letzten Freitagsgebets machten viele Gläubige ihrem Ärger Luft.

Wer glaubt, es sei möglich, jeden Tag mehrfach zwischen Uni und Moschee zu pendeln, der hat nicht studiert. Ein Gebetsraum ist die praktische Umsetzung von Artikel 4 unserer Verfassung.

schreibt NutzerIn wilhelm

Sonderlich schön ist er nicht, der Raum, in dem sich die Muslime der Berliner TU jeden Freitag zum Gebet treffen. Statt sakraler Erhabenheit schmücken Klettersprossen und Spiegelflächen den Gebetsraum im fünften Obergeschoss des TU-Hauptgebäudes – kein Wunder, denn eigentlich ist er  eine Turnhalle. Trotzdem wird er von den gläubigen Studenten der TU gut besucht. An diesem Freitag war der Andrang sogar so groß, dass die Gläubigen sich aneinander quetschen mussten, um noch Platz auf dem Gebetsteppich zu finden. Gut 500 Leute wollten ein letztes Mal das Freitagsgebet in der Sporthalle der TU abhalten, denn ab dem 14. März will die Universität Gläubigen keine Räume mehr zur Verfügung stellen.

"Glauben Sie ernsthaft, dass das nicht zu Konflikten führen wird?"

Den Schritt kündigte TU Präsident Christian Thomsen schon im Februar an und begründete ihn mit der staatlichen Neutralität. "Ich bin fest davon überzeugt, dass Religion und Staat an einer staatlichen Hochschule getrennt werden müssen", sagte er damals und handelte sich von vielen Studentenorganisationen Kritik ein. Auch während des Gebets am Freitag merkte man den Gläubigen ihren Unmut an. „Die haben einfach über unsere Köpfe hinweg entschieden, das Freitagsgebet zu verbieten“, sagt der Prediger zu seinen Gläubigen, „die Stimmung in Deutschland ist dem Islam gegenüber eindeutig negativ und die Uni macht da mit.“ Deutlich merkt man dem Prediger, der seinen Namen nicht nennen will, an, wie verärgert er ist. „Glauben Sie ernsthaft, dass das nicht zu Konflikten führen wird“, richtet er sich wütend an die die Universitätsleitung.

Über seine drastischen Worte will der Prediger nach dem Gebet nicht sprechen. Nach seiner Predigt erhält er viel Zuspruch, Leute kommen und schütteln ihm die Hände. Einige der Muslime stehen noch im Gebetsraum und diskutieren darüber, wie es weitergehen soll. Unter ihnen ist auch Dawud Ansari. Auch er findet die Entscheidung der Universitätsleitung ungerecht. Ansari ist Sprecher der Studentenorganisation „Union der syrischen Studenten und Akademiker“ und setzt sich für den Erhalt der Gebetsräume ein.

Die nächste Moschee wäre eine Stunde entfernt

„Wir Muslime sind schlichtweg darauf angewiesen, in der Universität beten zu können“, sagt er. “Wenn wir Freitagmittag immer eine Stunde bis zur nächsten Moschee fahren müssen, dann kriegen wir unseren Universitätsalltag nicht geregelt – und auf dem Klo wollen wir natürlich auch nicht beten.“ Das Problem würde viele Leute etwas angehen, sagt Ansari, schließlich hätte er innerhalb einer Woche 600 Unterschriften gegen die Schließung sammeln können.

Wie es ab nächster Woche weitergehen soll, weiß auch Ansari nicht so richtig. „Vielleicht müssen wir dann im Park beten.“ Andere Studenten wollen versuchen, freitags nach Westend in die Moschee zu fahren – auch wenn sie das eine Stunde kosten würde. Doch nicht nur Studenten zieht es in die improvisierten Gebetsräume der TU. Auch viele Alumni kommen noch zu den muslimischen Gottesdiensten. Hassan R. ist einer von ihnen. Zusammen mit anderen älteren Männern trinkt er nach dem Gebet noch einen Kaffee im Bistro der Universität. „Es ist wirklich schade, dass der Gebetsraum geschlossen wird. Ich habe hier immer meine ehemaligen Kommilitonen getroffen“, sagt er, „die Moschee ist schließlich auch ein Raum der Begegnung“. Er kommt schon seit 1979 zum Beten in die TU.

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