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Berlin: Türken jubeln für Deutschland

Von Tanja Buntrock Schwarz-Rot-Gold flattert es aus Autofenstern und Schiebedächern. „Finaaale, oh-ho“, schreien jubelnde deutsche Fans nach dem Sieg über Korea aus den Autos.

Von Tanja Buntrock

Schwarz-Rot-Gold flattert es aus Autofenstern und Schiebedächern. „Finaaale, oh-ho“, schreien jubelnde deutsche Fans nach dem Sieg über Korea aus den Autos. Hupend fahren sie durch Kreuzberg in Richtung Kurfürstendamm. Doch es jubeln nicht nur Deutsche in Autos oder an den Ampeln zurück. Vor allem die Türken, die hier in „Klein-Istanbul“ heimisch sind, freuen sich über den Einzug der deutschen Nationalelf ins WM-Finale – und hoffen, dass die Türkei es ebenfalls ins Endspiel schafft.

„Super Deutschland“, ruft einer der Angestellten im Restaurant-Hasir in der Adalbertstraße den Fans im Auto zu. „Finale: Deutschland gegen die Türkei“, schreit er hinterher. Seine Kollegen im Hintergrund halten die Daumen hoch. „Klar freuen wir uns für Deutschland“, sagt Mustafa Besirli, Angestellter bei Hasir. Das Spiel der Deutschen hätten sie nur im Radio verfolgen können, doch heute, wenn die Türken antreten, „bringt jemand einen Fernseher“. Der wird dann auf dem Kühlschrank vor der Tür postiert, so dass Besirli und seine Kollegen beim Döner-Zubereiten „gucken, wieder arbeiten, und dann wieder gucken“ können. Arbeitsfrei bekommen sie nicht. „Wir haben 365 Tage im Jahr auf. Das ist nun mal so“, sagt Besirli.

Da hat es Ibrahim Bayram etwas besser. Den zehn türkischen Angestellten seiner Baufirma in Schöneweide gibt er für die Zeit des Spiels frei. Sie dürfen ihre Mannschaft am Fernsehgerät anfeuern. Der Chef selbst hat das Spiel der Deutschen gegen die Südkoreaner im Café „Can Can“ in der Reichenberger Straße verfolgt. Hier wird er auch heute, wenn es „garantiert bis zum Rand voll ist“, sitzen. Dass die Türkei den Einzug ins Finale schafft, davon ist er überzeugt.

Beim Obst- und Gemüsehändler „Inter Gida“ flattert seit dem Sieg der Deutschen gegen die Koreaner die schwarz-rot-goldene Fahne über der Tür. „Deutschland ist unser Bruderstaat, wir freuen uns“, sagt Serdal Sevim. Beim Spiel seiner Landsleute gegen die Brasilianer „wird sich sicher wieder ein Pulk Menschen vor unserem Laden drängeln“. Vor der Kasse ist ein TV-Gerät an der Decke befestigt. „Weiterarbeiten müssen wir schon, aber das Spiel kriegen wir so wenigstens zum Großteil mit.“ Seit gestern grummelt es in Sevims Magen vor Aufregung. „Wie schön wäre ein Finale gegen die Deutschen.“ Weltmeister solle dann aber die Türkei werden, fügt er rasch hinzu.

Genauso sehen es die drei Männer, die beim Tee im Lezzet-Grill, Adalbertstraße 4, zusammensitzen. Um das heutige Spiel sehen zu können, stellen sie ab 13 Uhr einen Freund, der nicht viel Ahnung von Fußball hat, hinter den Tresen. „So kann ich im türkischen Café schauen“, sagt Ahmet Erken, 28 Jahre. Sein Kollege Mahmut Muvafik, 37, wird daheim vorm Fernseher dem Sieg entgegenzittern – er passt dabei auf seine einjährige Tochter auf. Die Jubelfeier nach einem Sieg der Türken würde er sich vom Fenster aus anschauen. Cüneyt Erken, Ahmets 24-jähriger Bruder, muss „halb arbeiten“. Er ist als „Sicherheitsdienst im Nike-Park in der Schwarzkopfstraße in Mitte tätig. Dort steht eine Großleinwand, auf der die Partie zu sehen ist. Alle drei sind überzeugt, dass die Türken es gegen die Südamerikaner schaffen. „Im letzten Spiel haben wir gegen den Schiedsrichter, nicht gegen die Brasilianer verloren“, sagt Ahmet Erken. 3:2 tippt er für die Türkei. Danach stehe Berlin richtig Kopf: die Jubel-Feiern beim Sieg über Senegal seien „nur Probe“ gewesen.

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