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Berlin: Türkische Küsse

Von Stephan Wiehler So viele rote Fahnen wie bei den Triumphzügen der türkischen Fußballfans hat Berlin nicht mehr gesehen seit den Mai-Paraden in der Hauptstadt der DDR. Was solcherart Begeisterung auszulösen vermag, hat Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt erkannt.

Von Stephan Wiehler

So viele rote Fahnen wie bei den Triumphzügen der türkischen Fußballfans hat Berlin nicht mehr gesehen seit den Mai-Paraden in der Hauptstadt der DDR. Was solcherart Begeisterung auszulösen vermag, hat Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt erkannt. Er verspricht: Wenn die Deutschen den WM-Pokal gewinnen, geht es auch mit der Wirtschaft wieder aufwärts. Aber was, wenn die Türken den Titel holen? Kraftmeiern die 200 000 Berliner Türken dann freudetrunken an der Konjunkturkurbel und bescheren uns das ersehnte Wirtschaftswunder?

Den Spielmachern der rot-roten Koalition käme eine solche Erfolgsgeschichte gerade recht – die Genossen könnten im Wahljahr Farbe bekennen. Klaus Wowereit sollte deshalb rechtzeitig das rote Tuch mit Stern und Halbmond bereitlegen, um es im Fall eines türkischen Finalsieges am Fahnenmast vor dem Roten Rathaus zu hissen, an dem am Wochenende noch die Regenbogenflagge der Homo-Bewegung flatterte.

Und die Deutschen? Ihr WM-Erfolg hat schon jetzt alle Erwartungen übertroffen, und die Türken würden uns zeigen, wie man Siege teilt. Schon nach ihrem Golden Goal gegen den Senegal ließen sie kaum einen Schwarzafrikaner ungeküsst. So viel liebevolle Zuneigung haben wir noch nie von unseren türkischen Mitbürgern erfahren.

Aber wie es beim Fußball so ist, kommt wohl alles ganz anders. Am Ende holen sich die Südkoreaner den WM-Pokal und kriegen das Wirtschaftswunder und die Wiedervereinigung mit dem kommunistischen Norden noch dazu. Dann ist auch hierzulande Schluss mit roten Fahnen. Die Konjunktur lahmt weiter vor sich hin, und die Türken küssen uns wieder nicht.

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