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Berlin: Turbine Torlos

Potsdams Fußballerinnen verlieren vor 4000 Fans das Bundesliga-Spitzenspiel 0:3 gegen Meister 1. FFC Frankfurt

Frankfurts Fußballerinnen hatten auf dem Spielfeld des Karl-Liebknecht-Stadions schon ihre Positionen eingenommen, als ihre Gegnerinnen sich noch an den Händen hielten und mit nach vorn gebeugten Oberkörpern im Kreis hüpften und laut brüllten. Es sah aus, als würden Turbine Potsdams Spielerinnen vor dem Anpfiff eine höhere Macht beschwören, um den Deutschen Meister zu schlagen. Doch Tanz und Schreie verfehlten ihre Wirkung. Der Tabellenführer vergab mehrere gute Torchancen, verlor am letzten Vorrundenspieltag überraschend deutlich 0:3 (0:1) und bleibt nur mit zwei Punkten Vorsprung an der Spitze, weil Frankfurt ein Spiel weniger bestritten hat.

Bis gestern hatte Potsdam als einziger Bundesligist alle Spiele gewonnen. Die Zeit schien reif, Dauermeister Frankfurt endlich abzulösen. „1. FFC Turbine – die Nummer eins“ stand auf einem Transparent, und im Stadionmagazin war zu lesen, dass Frankfurt bei einer Niederlage „die Meisterschaft nicht mehr aus eigener Kraft erringen könnte“. Was doch etwas übermütig klang, so als sei es keine Frage, dass Turbine alle elf Rückrundenspiele problemlos gewinnen wird. Doch Potsdams Überlegenheit dürfte in nächster Zeit kein Thema mehr sein. „In der zweiten Halbzeit sind alte Charakterschwächen wieder aufgetreten und die Kreativität hat gefehlt“, kritisierte Trainer Bernd Schröder, „vor 4000 Zuschauern, die einen nach vorn peitschen, rennt man um sein Leben. Das haben einige nicht gemacht.“ Außerdem war ausgerechnet die sonst so zuverlässige Nationalspielerin Ariane Hingst „überfordert“.

Frankfurt hatte zuletzt geschwächelt und vor einer Woche gegen Freiburg nur ein 2:2 geholt. Doch gestern präsentierten sich die Hessinnen gewohnt souverän. „Wir waren cleverer. Wir haben Potsdam das Spiel machen lassen und gut gekontert“, sagte Weltfußballerin Birgit Prinz, die in der zweiten Halbzeit die Treffer Nummer zwei und drei beisteuerte. Frankfurt verkraftete den Ausfall der verletzten Nationalspielerinnen Steffi Jones und Nia Künzer besser als Turbine den von Torfrau Nadine Angerer und von Viola Odebrecht, zwei Weltmeisterinnen. Odebrecht fehlte wegen einer Leistenzerrung, Angerer wegen einer Hüftprellung, die sie sich am Donnerstag im Länderspiel gegen China zugezogen hatte.

So kam die 19-jährige Stephanie Ullrich zu ihrem Bundesliga-Debüt. Schon nach zehn Minuten flog sie dem Ball hinterher – ins eigene Tor. Die frühere Potsdamerin Stefanie Weichelt war es, die die Führung für die Gäste köpfte. „Bei diesem Tor sah sie nicht besonders gut aus, aber die Abwehr stand auch nicht gut“, urteilte Silvia Neid, die Kotrainerin der deutschen Nationalmannschaft. „Beim ersten Tor waren alle schuld, beim zweiten war ich mit der Hand noch dran, beim dritten hatte ich den Ball eigentlich schon“, erzählte Ullrich, die mit sich ganz zufrieden war, „weil ich konstant gespielt habe“. Und schließlich hielt sie beim Stand von 0:2 einen gar nicht schlecht geschossenen Elfmeter der starken Frankfurter Spielmacherin Renate Lingor. Und überhaupt, fand Ullrich, „haben wir uns zu blöd angestellt, unsere Chancen reinzumachen“. Das galt in der ersten Halbzeit vor allem für Weltmeisterin Conny Pohlers, die allerdings krank war und ausgewechselt wurde.

Angerer gab sich nach der deutlichen Niederlage kämpferisch. „Wir werden trotzdem Deutscher Meister“, kündigte sie an. Nächste Woche muss Potsdam in Freiburg antreten, das Frankfurt als einziges Team einen Punkt abgetrotzt hat. Dann folgt das Pokal-Halbfinale beim FFC Brauweiler. „Das hat oberste Priorität, daran hängt das Wohl des Vereins. Für den Finaleinzug gibt es 110 000 Euro“, sagt Schröder. Vielleicht entfalten ja dort wilde Tänze und Schreie ihre Wirkung.

Helen Ruwald

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