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U-Bahn-Linie 5: Nächster Halt 2017

Seit 75 Jahren wird die Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 geplant. Jetzt beginnen die Ausschreibungen für den Abschnitt bis zum Alexanderplatz. In einem Jahr soll erstmals ein Teil der Strecke als U 55 befahren werden.

Ein dreiviertel Jahrhundert nach den ersten Plänen wird es jetzt ernst mit dem Weiterbau der U 5 vom Alexanderplatz Richtung Brandenburger Tor und Hauptbahnhof. Noch im Frühjahr soll nach einer Ausschreibung ein Projektsteuerer gefunden werden, der das Mammutvorhaben koordiniert. Die BVG, die vom Senat den Planungsauftrag für den Bau erhalten hat, sei dazu allein nicht in der Lage, sagte Vorstand Thomas Necker dem Tagesspiegel. Die Grobplanung sei abgeschlossen, im Herbst könnten die Arbeiten ausgeschrieben werden. Anfang 2010 sollen sie beginnen und 2017 abgeschlossen sein. Als Baukosten sind 370 Millionen Euro veranschlagt; den größten Teil davon übernimmt der Bund.

Die Linie 5 wird oft als „Kanzler-U-Bahn“ bezeichnet, weil zu Beginn der neuen Planungen Mitte der 90er Jahre sogar vom Bahnhof Bundestag aus ein Zugang ins Kanzleramt vorgesehen war. Tatsächlich sind die Pläne, die U 5 zu verlängern, aber uralt. Etwa so alt wie die BVG selbst, die 1929 gegründet worden ist. Kurz danach wurde ein „200-Kilometer-Plan“ für die U-Bahn entwickelt, der das endgültige Netz für die damalige Vier-Millionen-Metropole Berlin beschreiben sollte. Darin war die Verlängerung der heutigen U 5, die damals E hieß, vom Alexanderplatz bis Moabit bereits vorgesehen.

Anbindung an die östliche Stadtmitte erforderlich

Mit der Wiedervereinigung Berlins 1990 mussten die Ost-West-Verbindungen ausgebaut werden. Die unter Hochdruck wieder in Betrieb genommene durchgehende Stadtbahnverbindung der S-Bahn führt zu weit nördlich am Stadtzentrum vorbei, um alle Verkehrsbedürfnisse abzudecken. Mit der Konzentration der Parlaments- und Regierungsfunktionen im Spreebogen ergab sich weiterer Bedarf, und die Entscheidung für den neuen Zentralbahnhof im Niemandsland des ehemaligen Lehrter Bahnhofs machte eine Verbindung zur östlichen Stadtmitte erst recht dringlich.

Auf 200.000 Fahrgäste täglich beliefen sich die anfänglichen Prognosen. Zwar mussten diese später auf 140.000 Fahrgäste reduziert werden, weil die Anbindung an die U-Bahn-Linie 9 am Bahnhof Turmstraße von Anfang an als nicht finanzierbar verworfen wurde, doch versprach sich die Investition weiterhin zu rechnen. 1,3 Milliarden Mark wurden als Baukosten für die 3885 Meter Streckenverlängerung bis zum Lehrter Bahnhof geschätzt. Durch den Bau der U 5 erhoffe sich die BVG etwa 30.000 Neukunden im gesamten Netz, sagte Necker.

Keine große Architektur im Untergrund

Der damalige Senatsbaudirektor Hans Stimmann hatte die Gelegenheit genutzt, die Bahnhöfe von renommierten Architekten planen zu lassen. Für die Station „Berliner Rathaus“ wollte Richard Rogers – der auch im Daimler-Quartier am Potsdamer Platz mit zwei markanten Bauten vertreten ist – einen doppelstöckigen Bahnhof gleich auch für die künftige Verlängerung der Linie 3 vom Wittenberg- zum Alexanderplatz bauen. Die Stationen „Spreeinsel“ (oder auch „Schlossplatz/Humboldtforum“) sowie „Brandenburger Tor“ entwarf Max Dudler, Architekt unter anderem des Bundesbauministeriums, den Umsteigebahnhof „Unter den Linden“ an der Kreuzung mit der Friedrichstraße Axel Oestreich, der bereits den – allerdings nur teilrealisierten – Fern- und Regionalbahnhof Gesundbrunnen gestaltet hat. Aber lediglich der Bahnhof „Bundestag“, den Kanzleramts-Baumeister Axel Schultes entworfen hat, sowie die Station „Hauptbahnhof“ nach Plänen des Büros gmp (Gerkan, Marg und Partner) gingen in Bau.

Die anderen Stationen sollen nun nach Vorgaben der BVG gestaltet werden – möglichst einfach. Von der großen Architektur im Untergrund bleibt nichts. Das Sparen geht dabei sogar so weit, dass es auch weniger Platz für die Fahrgäste – vor allem in den Zugangsbereichen und Zwischengeschossen – geben soll. Dagegen gibt es BVG-intern noch Widerstand.

Widerstand in Politik und Wirtschaft

Auch als die Entwürfe Anfang 1995 vorgestellt wurden, hatte es Proteste aus den unterschiedlichsten Lagern gehagelt. Nicht zuletzt die Grünen kritisierten das Bauvorhaben als überflüssigen Luxus – sie setzten damals auf den Ausbau der Straßenbahn. Investoren und Geschäftsleute wiederum fürchteten um die gerade erst im Entstehen begriffenen Büro- und Einkaufslagen an der Friedrichstraße und am Pariser Platz, weil dort auf Jahre hinaus Baustellen eingerichtet werden sollten.

Auch in der SPD formierte sich erbitterter Widerstand. Bausenator Wolfgang Nagel tat sich stets als wendiger Taktierer hervor, sein Nachfolger Peter Strieder bleibt ohnehin nur durch sprunghafte Aktionen im Gedächtnis. Mehrfach fühlte sich das Abgeordnetenhaus genötigt, den Senat zu korrigieren. Der wiederum beschloss in wechselnder Zusammensetzung stets neue Varianten der Verkehrspolitik.

U 55 ab 2009

Gebaut wurden schließlich die Röhren vom Hauptbahnhof bis zum Brandenburger Tor, weil die Anlagen zeitgleich mit dem Hauptbahnhof errichtet werden mussten. Zwischendurch wollte der Senat die Arbeiten bereits vor dem Reichstagsgebäude stoppen lassen, der Bund zwang ihn dann aber, bis zum Pariser Platz zu bauen – und schoss das Geld dafür auch vor. Nach dem Einzug der Parlamentarier sollte vor dem Reichstag kein neues Bauloch entstehen.

Der Bund setzte dann auch durch, dass der Stummel vom Hauptbahnhof bis zum Pariser Platz befahren werden kann. Sonst hätte Berlin das bereits verbaute Geld an den Bund zurückzahlen müssen. Fast 150 Millionen Euro sind bereits ausgegeben worden. Die BVG will den Betrieb auf dem zunächst U 55 benannten Abschnitt Anfang 2009 aufnehmen.

Ein erster kleiner Schritt, um nach gut 75 Jahren einen Teil des 200-Kilometer-Plans zu verwirklichen. Bis heute haben die neun bestehenden U-Bahn-Linien zusammen eine Länge von 144,9 Kilometern erreicht.

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