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Hart aber angemessen bewertet Innensenator Frank Henkel (CDU) das Urteil gegen die U-Bahn-Schläger.

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U-Bahn-Schläger: Innensenator: Ein hartes Urteil, das abschreckt

Den Schlägern vom U-Bahnhof Lichtenberg droht die Abschiebung – allerdings erst nach Verbüßung der Haft. Unter Juristen wird das Urteil diskutiert. Innensenator Frank Henkel bewertet es als angemessen.

Das Urteil gegen die Schläger vom U-Bahnhof Lichtenberg ist noch nicht rechtskräftig – und bevor die endgültige Strafe feststeht, wird sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall befassen, denn die Verteidiger der Jugendlichen gehen in Revision. Dennoch haben die hohen Strafen von bis zu sechs Jahren Haft Aufsehen erregt. „Generell sollte man zurückhaltend sein mit der Bewertung solcher Gerichtsentscheidungen“, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) dem Tagesspiegel. „Ich denke aber, dass hier ein Urteil gesprochen wurde, das der Schwere der Tat angemessen ist. Das Gericht hat ein deutliches Zeichen gesetzt, das auch potenzielle Gewalttäter abschrecken dürfte.“

Unter Juristen wird das Urteil gegen die vier Jugendlichen diskutiert – auch wenn sich niemand zu den Details äußern wollte, da die schriftliche Urteilsbegründung erst in Wochen vorliegen wird. „Wir haben eine emotional sehr aufgeladene, oft einseitige öffentliche Debatte um körperliche Auseinandersetzungen im Nahverkehr erlebt“, sagte Tobias Singelnstein, Professor für Strafrecht an der Freien Universität. „Die Videoaufnahmen aus dem Bahnhof haben eine machtvolle Wirkung gehabt. Es ist zu befürchten, dass Wertungen dieser Debatte entsprechende Strafverfahren beeinflussen.“

Stefan König, Strafrechtsexperte des Deutschen Anwaltvereins, sagte: „Die Strafen sind ungewöhnlich hoch, ich befürchte, hier haben Gedanken zur Generalprävention, zur allgemeinen Abschreckung eine Rolle gespielt, die im Jugendstrafrecht nicht üblich sein sollten.“

Angeklagt waren ein 18-jähriger Kenianer, ein gleichaltriger Kosovare, ein 17-jähriger Deutsch-Iraker und ein 15-jähriger Bosnier, alle nicht vorbestraft. Das Landgericht hatte die vier am Mittwoch wegen versuchten Mordes zu Jugendstrafen von vier bis sechs Jahren Haft verurteilt. Sie sollen vergangenen Februar aus „Lust an der Gewalt“ zwei 30-jährige Handwerker auf dem U-Bahnhof Lichtenberg schwer misshandelt haben. Die Jugendlichen räumten den Angriff ein, bestritten aber eine Tötungsabsicht. „Gerade diese Absicht – noch dazu mit Mordmerkmalen – festzustellen, muss sehr genau begründet werden“, sagte Strafrechtler König.

Vor einigen Monaten hatte das Landgericht den Berliner Gymnasiasten Torben P. zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt – auch er hatte einem wehrlosen Mann mehrfach brutal auf den Kopf getreten. P., dessen Vater Jurist ist, war zum Tatzeitpunkt betrunken und hatte sich der Polizei gestellt. Er bekam zunächst Haftverschonung, auch weil er derzeit das Abitur macht. Grundsätzlich, hieß es unter Justizbeamten und Anwälten gleichermaßen, könnten Angeklagte, die wie Torben P. dem Milieu eines Richters näherstehen, auf mehr Sympathie hoffen. Wer in gewaltsameren Kreisen groß werde und die Rhetorik des Bedauerns nicht beherrsche, bekäme eher schlechte Sozialprognosen, die vor allem im Jugendrecht wichtig seien.

Bis auf den 17-Jährigen, der deutscher Staatsbürger ist, droht den Jugendlichen die Abschiebung. Die Ausweisung von Häftlingen, die keine deutschen Staatsangehörigen sind, ermögliche eine Ermessensregel der Strafprozessordnung, erklärte die Justizverwaltung. Üblich sei eine Abschiebung aus dem Vollzug aber nur, wenn der Häftling zwei Drittel der Strafe abgesessen habe, also „in die Freiheit“ ausgewiesen werden könne.

Zudem sei zu prüfen, ob in die jeweiligen Länder abgeschoben werden könne. 2009 sind 101 Verurteilte aus der Haft abgeschoben worden, darunter neun Jugendliche. Vergangenes Jahr waren es 102, davon sieben Jugendliche. In der Justiz hieß es, darüber hinaus gebe es deutlich mehr Fälle, die für eine Ausweisung infrage kämen, bei denen aber vor den Verwaltungsgerichten gute Gründe gegen eine Abschiebung vorgebracht worden seien.

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