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Udo Walz liebt er seinen Beruf. Nicht mehr selbst frisieren? Unmöglich.

© Doris Spiekermann-Klaas

Udo Walz wird 70: Er macht den Promis die Haare schön

Als Star-Friseur sieht Udo Walz sich keineswegs. Seinen Beruf liebt er über alles, da ist es gar nicht so wichtig, wer ihm in Berlin unter die Schere kommt. Heute wird er 70 Jahre alt. Elisabeth Binder gratuliert.

Das Wort „Star-Friseur“ kann er nicht ausstehen. „Das ist eine Beleidigung. Es würde ja bedeuten, dass ich nur Stars die Haare mache“, sagt Udo Walz fast ein bisschen gekränkt. „Stimmt aber gar nicht. Jeder, der sich anmeldet, kann bei mir einen Termin bekommen.“ Wer, fragt er noch, bestimme denn überhaupt, wer Promi ist. Berlins Regierender Friseur hat seinen Stolz. Und stolz ist er vor allem darauf, dass er seinen Beruf über alles liebt, ganz egal an wem er ihn ausübt. So sehr, dass er immer noch täglich außer sonntags und montags von 10 bis 18 Uhr in seinem Salon am Kurfürstendamm steht. Da trifft es sich gut, dass sein 70. Geburtstag auf diesen Montag fällt. So kann er mit rund 200 Gästen aus aller Welt unbeschwert feiern.

In den Wochen vorher musste er für viele Fotos posieren. Da guckte mal intellektuell, mal verführerisch, mal melancholisch, ließ mit elegantem Schwung das Armband von Hermès klingeln und hob dezent die andere Hand mit dem schlichten Reifen von Cartier, den er anstelle eines Eherings trägt. Das Posieren hat er von Claudia Schiffer gelernt, ein bisschen auch von Naomi Campbell. Er hat ja so vielen Topmodels auf den Haarschopf geschaut. Vielleicht will er mit 70 nicht mehr den ganz jungen Mädchen die Haare machen. Dass er weitermacht, steht aber außer Frage: „Ich habe keine Hobbys. Ich habe nur meinen Beruf.“

Dass dieser Beruf seine Berufung ist, entdeckte er schon früh. Die Eltern hatten harte Zeiten hinter sich, waren erst sehr reich, dann sehr arm. Der Vater heiratete das Kindermädchen, was in seinem Heimatdorf bei Stuttgart einiges Aufsehen erregte. Das Geld der Mutter reichte nicht, um eine Hotelfachschule zu bezahlen, die er ursprünglich besuchen wollte. Ein Bekannter bot an, den 14-jährigen Udo mal mit in seinen Salon zu nehmen, damit er das Arbeitsleben kennenlernt. Zehn Minuten nach der Ankunft wusste er bereits, dass er niemals etwas anderes würde machen wollen. Nach der Lehre gab es keinen Arbeitsplatz, also ging der Jungfigaro auf die Walz. In Sankt Moritz folgte der erste Kontakt mit Prominenten. Nachdem er Marlene Dietrich frisiert hatte, rief er erst mal die Mutter an, um zu erfahren, wer genau das eigentlich war.

Nach Berlin kam er 1968. Wie so viele wollte er der Wehrpflicht entgehen. Ulrike Meinhof erkannte er ebenfalls nicht. Die Terroristin wollte sich die Haare blond färben lassen. Vergeblich versuchte er ihr das auszureden. Erst später begriff er angesichts der Fahndungsplakate, dass es ihr nicht um Schönheit ging.

Romy Schneider wurde seine Kundin schon im ersten eigenen Salon in der Fasanenstraße. Sie drehte gerade „Die Spaziergängerin von Sanssouci“. Heute guckt er den Frauen gern auf die Schuhe, um herauszufinden, welchen Haarschnitt sie wohl mögen. „Wer Chanel trägt, will keine Punkfrisur“, sagt er.

Was macht den Friseurberuf für ihn noch mit 70 so unwiderstehlich? „Ich liebe es, Frauen zu verschönern“, sagt er. „Man kann aus einem hässlichen Entlein einen Schwan machen.“ Häufig kämen Frauen zum Friseur, wenn sie ihr Leben ändern wollen. Frauen, die unsicher sind, kann er zu einem ganz anderen Auftreten verhelfen. Er findet ja das Auftreten einer Frau, den Gang, die Stimme, die Art, sich zu bewegen, viel wichtiger als das Aussehen. Männern macht er die Haare nur ausnahmsweise. Altkanzler Schröder war so ein Fall. Oft ist geschrieben worden, dass er auch für die Frisur der Kanzlerin verantwortlich ist. Aber darüber redet er nicht, weil sie das nicht mag. Nur so viel: „Wegen Frau Merkel bin ich in die CDU eingetreten.“ Der Frau eines früheren Bundespräsidenten wiederum verdankt er seine fünf Patenkinder in Afrika. Aus Anlass des runden Geburtstags will er unter anderem im Süden Kenias einen Brunnen spenden. Er ist fest davon überzeugt, dass es richtig ist, Gutes zu tun und darüber auch zu reden. „Dann kommen die Leute auf Gedanken und tun selber auch etwas Gutes.“

Das Faszinierende an Udo Walz ist seine gradlinige Denkweise. Und er hat Prinzipien. „Ich spreche nicht schlecht über andere, das wäre für mich das Allerletzte.“ Neid findet er ebenfalls furchtbar. „Ich habe Glück“, sagt er. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.“ Und er hat dabei zum genau richtigen Zeitpunkt jede Menge höchst interessanter Menschen kennengelernt. „Heute“, sagt er, „können Friseure nicht mehr so berühmt werden, weil jeder Star seinen eigenen Stylisten mitbringt.“ Durch seine Kämme sind so viele Mähnen gegangen, die später Film- und Modegeschichte geschrieben haben. Ehrgeiz lehnt er trotzdem ab. „Wenn man zu ehrgeizig ist, hat man keinen Erfolg.“ Dieser Grundsatz hilft ganz offensichtlich, jedenfalls ihm. Acht Salons besitzt er aktuell, beschäftigt 106 Mitarbeiter.

Wie der Meister selbst, sind auch manche seiner langjährigen Angestellten schon jenseits der Pensionsgrenze und machen trotzdem weiter. Einige sind seit weit über 30 Jahren bei ihm angestellt, einer ist 40 Jahre dabei. Ohne eine gute Arbeitsatmosphäre wäre das nicht möglich. „Wenn das Klima nicht gut wäre, würde es mir ja selber keinen Spaß machen“, sagt der Chef. Treue Mitarbeiter generieren treue Kunden.

Dass er ein glücklicher Mensch sei, sagt Udo Walz oft und gerne von sich. Dabei gibt es durchaus Schatten. Seit langem ist er an Diabetes erkrankt und macht „seit 35 Jahren erfolglos Diät“. Glück bringen auch die Freunde. Deren Zahl schätzt er auf „50 weltweit“. Sabine Christiansen, Patricia Riekel, Barbara Becker sind Freundinnen, mit denen er sich immer wieder auf Festen sehen lässt, wenn auch längst nicht mehr so viel wie früher. Auch im Umgang mit den Freunden hat er feste Prinzipien. Er würde sie nie anrufen, wenn es ihm schlecht geht.

Dass er nur seinen Beruf hat, stimmt nicht ganz. Da ist ja noch Carsten, der Mann, mit dem er seit 20 Jahren zusammen ist. Vor sechs Jahren haben sie geheiratet. Fürs Eheglück hat Udo Walz, dessen Haarpflegetipps so gefragt sind, dass sie mehrere Bücher füllen, ebenfalls Ratschläge. „Ich sage nicht gerne ‚Wir‘.“ Neben gemeinsamen Freunden haben sie getrennte Freundeskreise, auch Urlaube verbringen sie oft getrennt. Seit einiger Zeit leben sie in einem Haus in Schmargendorf – und Udo Walz entdeckt ganz neue Seiten an sich. Wenn er die Kirschblüten sieht, denkt er voller Freude: „Das ist mein Baum!“ Plötzlich liebt er es, den Eichhörnchen zuzusehen, den Blumen, die jeden Tag schöner werden. Der Glamour-Figaro entdeckt gerade das Naturkind in sich. Seine Stars sind jetzt die Pflanzen.

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