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Berlin: Über Adendorf nach Düsseldorf

Das Ziel heißt Oberliga – trotzdem träumen die Berlin Capitals von einer Rückkehr in die Deutsche Eishockey-Liga

Als der gegnerische Torwart nach einem Treffer an den Kopf weiterspielen kann, applaudiert das Publikum freundlich. Korrekt geht es hier zu, unter den 2000 Eishockey-Zuschauern. Die Fans der Berlin Capitals trommeln sich zwei Stunden lang in der frostigen Deutschlandhalle warm. Bei jedem Tor ihres Teams klatschen sie sich gegenseitig ab, als hätten sie es selbst geschossen. Am Freitag gab es da so manche gerötete Handfläche. Die Capitals gewannen mühelos mit 11:1 gegen die Salzgitter Phantoms und bleiben Tabellenführer in der Aufstiegsrunde zur dritten Klasse, der Oberliga.

Nach dem Match fahren die Spieler noch einmal auf das Eis und tanzen Twist. Oder etwas ähnliches. Die Kundschaft muss umworben werden in der vierthöchsten Liga. Dort musste der Klub wieder anfangen, nachdem er bis zur vergangenen Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gespielt hatte und nach dem sportlichen Abstieg wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht mal für die Zweite Bundesliga eine Lizenz bekam. Aber die Capitals wollen wieder hoch. Der Aufstieg in die Oberliga ist fest angepeilt. „Dort wollen wir uns zwei bis drei Jahre stabilisieren und dann: Mal schauen“, sagt Präsident Lorenz Funk. Fast anspruchslos für einen, der sich zuvor nie ernsthaft mit den Niederungen des Eishockeys auseinander setzen musste, als Spieler, Trainer und Manager zuvor nur in der ersten und zweiten Liga gearbeitet hat und nun sein Team statt nach Düsseldorfer zum Adendorfer EC in die norddeutsche Provinz begleitet. „Bis zur DEL ist es ein weiter Weg“, sagt der ehemalige Nationalspieler Funk und winkt ab. Aber er gibt zu, dass man ohne Ziele erst gar nicht anfangen müsse.

Bescheidenheit ist also angesagt. Zumindest, was die Träume von der Rückkehr in die DEL angeht. Denn in der Regionalliga sind die Capitals den anderen Klubs weit überlegen. Sie verfügen über einen Etat von etwa 220 000 Euro und trainieren unter professionellen Bedingungen: bis auf Montag ein- bis zweimal pro Tag. Ein Pensum, auf das mancher Klub in der DEL nicht kommt. „In der DEL sind die Spieler alle super ausgebildet. Die Lauf- und Stocktechnik muss da nicht mehr trainiert werden“, sagt Andreas Brockmann. Der Trainer der Capitals weiß wovon er spricht, als Spieler wurde Brockmann fünfmal Meister mit der Düsseldorfer EG. Nun muss er in der Viertklassigkeit seinen Spielern elementare Dinge des Eishockeyspiels beibringen. Ein Drittel der Spieler stammt bei den Capitals aus dem eigenen Juniorenbereich. „Wir wollen unsere eigenen Leute entwickeln und mit ihnen nach oben kommen“, sagt Funk. Natürlich ist das Team angereichert mit erfahrenen Kräften aus der DEL: Pavel Gross oder Jan Schertz spielen eine wichtige Rolle.

Dass es in der Regionalliga im Vergleich zur DEL etwas weniger dynamisch zugeht, scheint die Fans der Capitals nicht zu irritieren. Angesichts ihrer Überlegenheit kommen bei den Berlinern häufig gute Spielzüge zu Stande. Und die werden in oberen Ligen seltener, findet Brockmann, „weil Eishockey von Liga zu Liga passiver wird.“ Funk diffamiert die DEL gar als „Toreverhinderer-Liga“. So gesehen müsste die Regionalliga also ein Glücksfall für die Capitals sein.

Trotzdem wollen die Berliner die Viertklassigkeit verlassen. Sechs Spieler werden vom Verein bezahlt, die anderen gehen zur Schule, studieren oder arbeiten. Sie bekommen eine Aufwandsentschädigung. Wenn der Klub aufsteigt, muss der Etat gesteigert und eine professionellere Vereinsstruktur aufgebaut werden, sagt der Präsident. Momentan wird alles ehrenamtlich geregelt. „Wir haben noch nicht mal ein richtiges Büro“, klagt Funk. Alles hängt am Aufstieg. Der Verein besitzt zwar einen klangvollen Namen, im Schnitt kommen noch immer pro Spiel 2000 Fans, aber wegen der letztjährigen Insolvenz sei zu viel kaputt gegangen, sagt Funk. „Deshalb ist der Aufstieg sehr wichtig, um den Sponsoren zu zeigen, dass hier gut gearbeitet wird.“ Am Sonntag haben die Capitals wieder Gelegenheit mit einem Sieg für weitere Imageverbesserung zu sorgen. Dann kommt der Braunlager SC in die Deutschlandhalle (18 Uhr).

Jörg Petrasch

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