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Berlin: Über den Berg

Jetzt offiziell: Der Winter ist unwiderruflich zu Ende. Die Berliner drängt es in Biergärten, Eisdielen und Parks

Gabriele ist vorübergezogen, Friedegunde auch. Elona ist schon vergessen. Am vergangenen Wochenende hat Tief Heike noch einmal versucht, das Unvermeidliche aufzuhalten. Aber keine Chance: Der Frühling hat begonnen.

Weil die Berliner schon lange auf diesen Moment gewartet haben, wollen sie jetzt das Entgangene nachholen. Zum Beispiel in den Biergärten: Dominik Ries, Inhaber des Schleusenkrugs in der Müller-Breslau-Straße im Tiergarten, hat eine „Verdoppelung der Kundschaft innerhalb weniger Tage“ festgestellt. „Aber mindestens.“ Wobei die Kunden nun nicht maßlos trinken, sondern hauptsächlich länger sitzen bleiben würden. „Um jeden Sonnenstrahl abzufangen, der sich ihnen auch nur andeutungsweise bietet.“ Neben dem Schleusenkrug haben bereits ein knappes Dutzend Biergärten die Draußen-Saison eröffnet, andere planen dies für das kommende Wochenende.

Auch die Berliner Eisdielen, die jetzt schon geöffnet haben, registrieren seit vergangenem Wochenende deutlich mehr Kundschaft. Beim Coco Beach am Lichtenrader Damm etwa haben sich schon Schlangen gebildet. Die Besucher drängelten auch, dass endlich die Terrasse geöffnet wird, sagt Mitarbeiterin Laura Iaccarino. Ihr Chef will aber erst abwarten, wie sich das Wetter entwickelt. Das bleibt bis zum Wochenende mild, heißt es beim Wetterdienst MeteoXpress. Tagsüber zehn bis 15 Grad, nachts um die fünf Grad. Das nächste Tiefdruckgebiet Jasmin zieht gerade über der Nordsee an Deutschland vorbei. Gut für den Erholungspark Marzahn und den Britzer Garten, die kommendes Wochenende ihre Frühlingsfeste feiern. In Marzahn öffnet am Sonnabend die neue Parkanlage „Seouler Garten“, ein Geschenk der koreanischen Hauptstadt und Teil der „Gärten der Welt“. Bei der Eröffnungsfeier treten koreanische Chöre und Tanzgruppen auf. Im benachbarten chinesischen Garten beendet zur gleichen Zeit das Teehaus seine Winterpause – wegen des Wetters einen ganzen Monat später als in den Vorjahren. Der Britzer Garten feiert am Sonntag mit Orchester, Chor, Theatergruppe und Rockband. Außerdem beginnt am Wochenende das „Frühlingsfest Hellersdorf“, das „Berliner Frühlingsfest“ läuft bereits seit einer Woche auf dem Zentralen Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm in Wedding. Wer sich nicht vergnügen, sondern den Winterspeck los werden möchte, kann sich am Wochenende einer der Laufgruppen anschließen, die sich zum ersten Mal seit vier Monaten treffen wollen. Wem das zu anstrengend ist, kann beim Boule-Spiel oder Minigolf erste Trainingserfahrung sammeln.

Es gibt also viel zu tun. Wäre da nicht die Frühjahrsmüdigkeit. Die befällt 50 Prozent aller Menschen, hat das Schlafmedizinische Zentrum an der Universität Regensburg ermittelt. Über die genauen Ursachen ist sich die Wissenschaft nicht einig. Ein Erklärungsansatz: Das Mehr an Tageslicht verhindert übergangsweise die Ausschüttung des Hormons Melatonin im menschlichen Zwischenhirn. Der Müdigkeit kann auf verschiedene Weise entgegengewirkt werden: Früher aufstehen und früh zu Bett gehen, viele kleine Mahlzeiten einnehmen, morgens kurz Gymnastikübungen machen und Wechselduschen. Letztere helfen aber angeblich nur, wenn man auch wirklich mit dem kalten Strahl aufhört.

Viel schöner als die Müdigkeit: Frühlingsgefühle. „Das hat wahrscheinlich auch was mit Endorphinen oder so zu tun“, sagt Matthias Bauer. Genauer will er das gar nicht wissen, ihn interessiert lediglich das Ergebnis. Bauer ist Geschäftsführer der Frühling-Bar in Mitte, Berlins erster Flirt-Bar nur für Singles. Bisher habe der aufkommende Frühling noch nicht sein Geschäft belebt, sagt Bauer, aber für dieses Wochenende ist er guter Hoffnung. „Auch das Flirten kann man nach dem üblen Winter ruhig langsam angehen lassen.“

Berlins Zootiere sind da schon einen Schritt weiter. Der Tierpark erwartet in den nächsten Wochen reihenweise Nachwuchs: Hirsche, Antilopen, auch ein Giraffenbaby. Der Zoo immerhin Ziegen und Singvögel.

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