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Die Polizei fahndet weiterhin nach den Tätern. Auch vom zweiten Fluchtauto fehlt noch jede Spur.

© Felix Hackenbruch

Überfall auf Geldtransporter: Täter vom Alexanderplatz weiter auf der Flucht

In der Schillingstraße wird ein Geldtransporter ausgeraubt. Bei der Flucht schießen die unbekannten Täter auf ein Polizeiauto – und entkommen.

Es klingt nach einen Action-Konsolenspiel, doch was sich am Freitagmorgen im Zentrum Berlins abspielt, ist ein knallharter Kriminalfall: Es ist 7.30 Uhr, als in der Schillingstraße in der Nähe des Alexanderplatzes zwei schwarze Fahrzeuge, ein Audi und ein Mercedes, einen Geldtransporter zum Anhalten zwingen. Ein Wagen hält vor dem Transporter, einer dahinter. Mehrere Maskierte stürmen auf den Sprinter zu, bedrohen die Insassen des Transporters, brechen die hintere Tür auf und erbeuten Geld. Das Ganze dauert nur wenige Momente, Zeugen beobachten den Vorgang.

Dann fliehen die Täter mit ihren Wagen in Richtung Kreuzberg. Verfolgt werden sie bald von einem Polizeiauto. Ob dieses zufällig vor Ort oder alarmiert war, weiß die Polizei am Freitagnachmittag noch nicht. Die Flucht wird jedoch immer rasanter. In der Wallstraße touchieren die Täter bereits mehrere Autos, in der Neuen Grünstraße geben sie sogar mindestens einen Schuss auf die Polizei ab.

Täter mussten Fluchtauto wechseln

Das Einsatzfahrzeug wird in den Motor getroffen, die Beamten bleiben unverletzt. Die Verfolgung müssen sie jedoch aufgeben. Trotzdem setzen die Täter ihre Flucht in hohem Tempo durch die engen Straßen fort – mitten im einsetzenden Berufsverkehr. In der Feilnerstraße in Kreuzberg verliert der Fahrer des Mercedes schließlich die Kontrolle über das Geschehen und verursacht einen Unfall mit einem unbeteiligten Fahrzeug.

Der Rahmen des Mercedes verbiegt sich so stark, dass das rechte Vorderrad blockiert. Die Maskierten steigen in das zweite Fluchtauto und fahren auf die Lindenstraße, wo sich ihre Spur verliert. Selbst der Einsatz eines Polizeihubschraubers bleibt erfolglos. Zurück bleibt eine Schneise der Verwüstung mitten in der Stadt.

Stationen einer Verfolgungsjagd: Durch Mitte und Kreuzberg flohen die Täter.
Stationen einer Verfolgungsjagd: Durch Mitte und Kreuzberg flohen die Täter.

© Fabian Bartel

In einem Bistro mit Blick auf den Tatort in der Schillingstraße sitzen zwei Stunden später zwei ältere Damen und trinken Kaffee. Sie wohnen direkt um die Ecke. „Wir haben heute Morgen einen Hubschrauber kreisen gehört und uns gewundert“, sagt eine. Schüsse habe sie aber nicht gehört. „So was ist hier noch nie passiert“, sagt sie und wirkt aufgeregt. „Die Täter waren clever“, sagt der Bistrobesitzer. „Hier gibt es keine Kameras.“ Tatsächlich ist der Ort etwas heruntergekommen. In einer Grünanlage direkt neben dem Tatort kampieren einige Obdachlose. Auf dem Boden liegt Müll, es riecht nach Fäkalien. Auf der gegenüber liegenden Seite wird gebaut. Sieben Kräne stehen auf dem Areal direkt neben dem Einkaufzentrum Alexa, überragt werden sie vom Fernsehturm.

„Da steht man schon unter Schock"

Polizeisprecher Stefan Petersen informiert die Presse vor Ort, dass die Ermittler noch keine Spur hätten. Dabei haben Dutzende Zeugen den Überfall und die Verfolgungsjagd beobachtet. Die Polizei bittet um Mithilfe und richtet am Vormittag eine Plattform ein, auf der Zeugen Fotos und Videos vom Geschehen hochladen können.

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Zwei Augenzeugen stehen am Vormittag noch in der Neuen Grünstraße, wo die Schüsse auf den Polizeiwagen abgegeben wurden. Ein 27-Jähriger, der nicht namentlich genannt werden möchte, erzählt, wie ihm die beiden Fluchtfahrzeuge in der engen Straße auf dem Weg zur Arbeit entgegenkamen. „Sie rasten auf mich zu und wichen nicht aus. Hinter ihnen kam das Polizeiauto, auf das sie einen Schuss abfeuerten.“ Schnell habe er seinen Dienstwagen zurückgesetzt, fuhr dabei aber gegen einen Pfeiler. „Da steht man schon unter Schock. Immerhin ging alles glimpflich aus.“ Der zweite Augenzeuge, ein 57-jähriger Bauarbeiter, der auch lieber anonym bleiben will, hat die Täter in der Wallstraße beobachtet. „Die waren so schnell, das war unglaublich. Die Polizei kam kaum hinterher“, sagt er.

Berlin ist Spitzenreiter bei Überfällen auf Geldtransporter

Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei geht angesichts der Ausrüstung und des Vorgehens von Profis aus. „Wir können davon ausgehen, dass die Täter aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität kommen“, sagt er. Ob es sich um Mitglieder arabischer Clans handelt, bezweifelt er. Es könnten auch Rocker-Gruppen oder die russische Mafia gewesen sein, sagt Jendro: „Geld brauchen sie alle in der Organisierten Kriminalität.“ Dass die Polizei die Täter mitten in der Stadt aus den Augen verloren hat, will er nicht kritisieren. „Die Polizei kann nicht einfach durch die Stadt heizen“, sagt er. Man müsse das Risiko abwägen.

Einige scheinen zu viele Actionfilme gesehen oder zu viele Ballerspiele gespielt zu haben. [...] Ich bin jedenfalls froh, dass die deutsche Polizei nicht wild in der Gegend rumballert und Unbeteiligte in Gefahr bringt.

schreibt NutzerIn Pat7

Berlin ist indes trauriger Spitzenreiter bei Überfällen auf Geldtransporte. Silke Wollmann, Sprecherin des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft, erklärt: „Die Dichte an Geschäften und Fahrzeugen ist hier eben höher als in Buxtehude.“ Dank hoher Sicherheitsbestimmungen liege man im internationalen Vergleich aber nicht so schlecht da. „Wenn allerdings wie in diesem Fall mit feuerwehrähnlichem schweren Gerät angerückt wird, ist nichts zu machen.“ Am sichersten sei es in einem solchen Fall für die Mitarbeiter, im Transporter sitzen zu bleiben – wenn sie nicht zum Aussteigen gezwungen werden. „Aber da es am Alex am helllichten Tag ja schnell gehen muss“, so Wollmann, „vermute ich, dass sich die Täter den Überfallenen nicht groß gewidmet haben werden.“

Spürhund wittert falsche Spur

Die Berliner Polizei intensiviert am Freitagmittag ihre Ermittlungen. In der Feilnerstraße, wo der demolierte Mercedes steht, kommen auch Hunde zum Einsatz. Als ein Hund plötzlich eine Spur wittert, wird die Lindenstraße abgesperrt. Zehn Einsatzkräfte mit Maschinenpistolen folgen dem Hund, ihnen folgt die Presse. Nach ein paar hundert Metern hält der Hund neben einem portugiesischen Supermarkt in der Markgrafenstraße. Die Einsatzkräfte umstellen das Gebäude, Passanten werden mit vorgehaltener Waffe verscheucht. Ein paar Minuten Aufregung. Dann trottet der Hund weiter. Es fehlt noch immer jede Spur.

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