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Überlastet: Der Flughafen Tegel.

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Überlasteter Flughafen: Lufthansa warnt vor Tegel-Kollaps

Von der angekündigten „Ertüchtigung“ des Flughafens ist laut Lufthansa nichts zu spüren – bei steigenden Fluggastzahlen. Dem Parallelbetrieb mit dem BER steht die Airline skeptisch gegenüber. Die Bürgerinitiative gegen das Luftkreuz ist sowieso dagegen.

Kurz vor dem Massenverkehr im Sommer schlägt die Lufthansa Alarm und fordert die schnelle Ertüchtigung von Tegel, um den erwarteten Ansturm der Passagiere bewältigen zu können. Von den seit langem versprochenen Arbeiten sei bisher so gut wie nichts zu spüren, sagte der Berliner Lufthansa-Konzernbevollmächtigte für Berlin, Thomas Kropp, dem Tagesspiegel. Im Februar hatte der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft ein 20-Millionen-Euro-Ertüchtigungsprogramm für Tegel bewilligt, das bereits im vergangenen Jahr – nach der Verschiebung der BER-Eröffnung und der damit verbundenen erheblichen Ausweitung des Flugverkehrs in Tegel – von den Fluggesellschaften angemahnt worden war. Flughafensprecher Ralf Kunkel sagte lediglich, die Arbeiten liefen.

Nach Kropps Angaben gibt es seit Jahren Probleme mit den Gepäckbändern, die immer wieder ausgefallen sind. Auch die Fluggastbrücken, die Zugänge vom Wartebereich zu den Flugzeugen, seien weiter extrem reparaturanfällig. Die Technik sei veraltet. Selbst die ebenfalls versprochene Sanierung der sanitären Anlagen lasse weiter auf sich warten. Vor allem ankommende Passagiere, die auf die Toilette wollten, erhielten gleich zur Begrüßung ein besonders negatives Bild vom Flughafen der Hauptstadt Deutschlands. Auch die angekündigte bessere Organisation des Verkehrs bei der An- und Abfahrt gebe es noch nicht. Kropp vermisst hier zudem den Einsatz der Polizei, die regulierend eingreifen müsse.

Es sei sicher richtig gewesen, sich nach den Absagen der Eröffnungstermine auf Schönefeld zu konzentrieren, doch nun müsse die Flughafengesellschaft auch Tegel voranbringen, wo die Zahl der Passagiere weiter zunimmt. Von Januar bis April wurden 5 613 965 Passagiere gezählt, 7,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Auch die Zahl der Starts und Landungen nahm um 3,3 Prozent auf 52 719 zu, das sind 1686 Flugbewegungen mehr als im Vorjahreszeitraum. In Schönefeld gab es dagegen einen Rückgang um 10,5 Prozent. „Die Kapazitätsgrenze ist fast erreicht. Um so wichtiger ist es, die notwendige Ertüchtigung jetzt zu starten“, sagte Kropp. Auch Air Berlin teilte auf Nachfrage mit, man lege auf ein „funktionierendes Drehkreuz Tegel“ großen Wert. Zum Stand der vorgesehenen Ausbauten wollte sich die Fluggesellschaft jedoch nicht äußern. Man sei „in engem Kontakt mit den Betreibern des Flughafens“, hieß es lediglich. Air Berlin ist der größte Anbieter in Tegel. Etwa die Hälfte aller Fluggäste startet oder landet dort mit einer Maschine der Airline.

"Einen Betrieb auf zwei Flughäfen muss man sich leisten können"

Mehr Betrieb als geplant: Der Flughafen Tegel.
Mehr Betrieb als geplant: Der Flughafen Tegel.

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Beim Konkurrenten Lufthansa ist man auch erstaunt über den „Fantasiereichtum“ bei den Diskussionen um die Zukunft des Tegeler Airports, der nach Überlegungen von Flughafenchef Hartmut Mehdorn länger offen bleiben sollte als geplant. Der Schließungszeitraum – spätestens ein halbes Jahr nach der Inbetriebnahme der Startbahnen am BER – könne nur begrenzt erweitert werden, sagte Kropp. Einen Betrieb auf zwei Flughäfen müsse man sich finanziell leisten können und wollen. Auch die Lufthansa sei bei ihrem Umsteigeverkehr, den sie für den BER geplant hat, auf einen Standort angewiesen. Dass es in Mailand, das Mehdorn als positives Beispiel nannte, auch nach dem Neubau des stadtfernen Großflughafens Malpensa mit Linate weiter eine zentrumsnahe Anlage gibt, werde in der Branche als „Riesenfehler“ betrachtet, der die Entwicklung des Flugverkehrs erheblich behindere. Städte mit mehreren Flughäfen wie Paris oder London hätten ein viel höheres Passagieraufkommen, als Berlin je haben werde. Die Lufthansa-Gruppe könne sich auch in Berlin nur auf einen Standort konzentrieren.

Zuletzt hatte auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit einem längeren Parallelbetrieb von BER und Tegel eine Absage erteilt. Dies sei weder rechtlich möglich noch ökonomisch vernünftig, sagte er am Mittwoch nach der Sitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft. Im Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, Tegel werde keine wie auch immer geartete Dauerlösung.

Die Bürgerinitiative gegen das Luftkreuz, die sich auch gegen den Ausbau von Tegel engagiert, hört die Absage von Lufthansa an einen Dauerbetrieb des Flughafens gern. In Sachen Ertüchtigung bis zum BER-Start widerspricht sie aber vehement. „Außer für neue Toilettendeckel sollte man nichts mehr investieren“, sagt Sprecher Ralf-Roland Bley. Der Airport müsse mit der jetzigen angespannten Situation klarkommen. Bley hält es zwar für unrealistisch, die schon zustande gekommene Mehrbelastung wieder rückgängig zu machen. Nun müsse aber „absolut Schluss sein“. Kein einziger weiterer Flug dürfe hinzukommen.

Die Lufthansa fordert unterdessen auch ein Ende der Diskussion über ein erweitertes Nachtflugverbot am künftigen BER-Flughafen. Die Debatte werde weltweit beachtet und könne zu einem „Investitionshemmnis“ werden, heißt es. Ein Flughafen mit einem Flugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr sei nicht wettbewerbsfähig.

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