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Immer was los. Das Alhambra in Wedding.

© Imago

Überraschungserfolg in Berlin: Türkisch für Fortgeschrittene

Die Komödie „Recep Ivedik 4“ ist in den Berliner Kinos derzeit beliebter als die Oscar-Favoriten. Dabei läuft die türkische Produktion nur mit Untertiteln. Synchronisieren lohne sich nicht, sagen die Verleiher. Eine Besuch im Weddinger Kino „Alhambra“.

Bis hinaus auf die Müllerstraße reicht die Schlange vor dem Alhambra Kino in Wedding. Drinnen drängen sich die Menschen und versuchen ein Ticket zu ergattern. Wer schlau war, hat sich seine Kinokarte vorbestellt. Andere gehen enttäuscht wieder nach Hause. Sie kommen wieder, wenn sich der Ansturm ein wenig gelegt hat.

Solche Szenarien sind in Berlin natürlich keine Sensation. Doch die Berlinale ist vorbei. Und die vielen Menschen vor dem Alhambra hier sind nicht wegen George Clooney, Bradley Cooper oder Matthias Schweighöfer gekommen.

Sie alle wollen einen bärtigen Kerl mit markanter Monobraue und durchdringendem Blick sehen. Ihr Held heißt Recep Ivedik. In der Türkei sind die Abenteuer des behaarten Schussels längst legendär. Dort kennt man die Figur bereits aus der Show des Comedians Sahan Gökbakar. 2008 kam der erste Film mit Ivedik als Hauptfigur in die Kinos; Regie führte Togan Gökbakar, der Bruder des Komikers.

"Recep Ivedik 4" landet auf Platz drei der deutschen Kinocharts

Vor zwei Wochen startete der vierte Teil der Komödie in Deutschland – mit sagenhaftem Erfolg. Obwohl die türkische Produktion nur an 83 Kinos bundesweit verliehen wurde, haben in der Startwoche bereits knapp 250 000 Menschen „Recep Ivedik 4“ angeschaut.

Im aktuellen Film hat Recep sich in den Kopf gesetzt, der Kinderfußballmannschaft seiner Heimatstadt zu helfen. Er versucht, den Trainingsplatz der Kinder vor einem gierigen Unternehmer zu retten. Dafür nimmt er an einem Wettbewerb teil, auf dessen Gewinn ein hohes Preisgeld ausgesetzt ist und verursacht dabei allerlei Chaos.

In Berlin läuft die Komödie in drei Kinos, allein hier wurden in der Startwoche mehr als 17 000 Eintrittskarten verkauft. Damit liegt „Recep Ivedik 4“ aktuell auf Platz drei der deutschen Kinocharts, noch vor Clooney mit „Monuments Men“ und Oscarfavorit „American Hustle“. Und das, obwohl der Film nur auf Türkisch gezeigt wird.

Türkischer Slapstick

„Das Publikum des Films ist fast ausschließlich türkisch“, sagt dann auch Can Akca, einer der Leiter des Alhambra Kinos in Wedding. Gleich zehn Mal läuft der Film dort sonnabends. Die erste Vorstellung beginnt um 11.45 Uhr, die letzte um 23 Uhr. Auf den großen Andrang hat man im Alhambra sofort reagiert und dem Film alle verfügbaren Spielzeiten zugestanden. Zum Vergleich: „Stromberg – Der Film“, momentan auf Platz zwei der Kinocharts, wird im Alhambra nur dreimal täglich vorgeführt.

Es ist eine Erfolgsgeschichte, die in Berlin allerdings bisher eine türkische bleibt. In der Schlange am Alhambra sammeln sich die türkischstämmigen Berliner. Wer nicht irgendeinen Bezug zur Türkei hat, schaut sich den Film nicht an, bestätigt der Leiter des Cineplex. „Recep Ivedik 4“ wird auf türkisch vorgeführt, mit deutschen Untertiteln zwar, doch „selbst mit Untertiteln ist es manchmal nicht so leicht, den Film zu verstehen“, sagt Can Akca. „Viele Witze lassen sich einfach nicht übersetzen.“

„Recep Ivedik 4“ sei eine ähnliche Lokalkomödie wie der französische Erfolgsfilm „Willkommen bei den Sch’tis“ aus dem Jahr 2008. „Der Humor des Films ist schon ein sehr spezieller“, sagt Akca. Türkischer Slapstick mit viel Selbstironie und Klamauk. Das komme in der Originalsprache nun einmal am besten rüber.

Eine deutsche Synchronversion lohnt sich nicht

Das bestätigt auch Katja Kemmler vom Filmverleih Kinostar, der sich – neben einigen Arthouse Produktionen – auf türkische Filme spezialisiert hat. Die Erfahrung habe gezeigt, dass sich eine Synchronisierung der Filme nicht lohnt. Auch Werbung über deutsche Medien erziele nicht die erwünschte Resonanz. „Wir werben dann eher zielgerichtet“, sagt Kemmler. Der Trailer wird ausschließlich im türkischen Fernsehen gezeigt. Auch im türkischen Radio wird über den Film gesprochen, das hören auch viele türkischstämmige Berliner. Wer die Sprache nicht kann, bekommt von dem Film so nichts mit.

„Ich habe noch nie etwas davon gehört“, sagt Marion Suchna. Die 61-Jährige steht vor dem Alhambra und hatte eigentlich vor, den Stromberg-Film zu schauen. Sie wohnt schon seit Jahren in Wedding, hat aber auch von den ersten drei Recep-Filmen nichts mitbekommen. Grundsätzlich abgeneigt sei sie zwar nicht, bleibt dann aber doch bei Stromberg.

Die junge Türkin Ece Akyol kann das nicht verstehen. Sie ist ein großer Recep-Fan. „Das ist ein Film, den ich jedem ans Herz legen würde“, sagt die 29-Jährige. Er sei lustig und repräsentiere den türkischen Humor. Auch Deutsche sollten sich das mal anschauen, findet Akyol.

„Recep Ivedik 4“ läuft in diesen drei Berliner Kinos: Cineplex Alhambra (Seestraße 94, Wedding); Cineplex Neukölln in den Neukölln Arcaden (Karl-Marx-Str. 66); CineStar Neukölln (Elsenstr. 115-116). Ab 12 Jahren /117 Minuten. Türkisch OmU.

Anna Polze

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