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Berlin: Um Wahrheit bemüht

Ex-Senatorin Knake-Werner lobt linke Aufarbeitung

Wenn Heidi Knake-Werner sich anschaut, was derzeit ihre Brandenburger Parteifreunde von der Linken beschäftigt, „dann tut mir das in der Seele weh“, sagt die kürzlich in den Ruhestand gegangene Berliner Sozialsenatorin und langjährige Spitzenfunktionärin der Linken und ihrer Vorgängerpartei PDS. Durch die Auseinandersetzung um den langen Schatten der Stasi fühlt sie sich an jene Zeit erinnert, die für sie zu den schwersten Phasen der Nachwendezeit gehörten und die Knake-Werner als emotional besonders belastend in Erinnerung hat.

1994 war es, die aus Bremen stammende Heidi Knake-Werner war gerade frisch für die PDS in den Bundestag gewählt worden. Und mit ihr eine Politikerin, die auch jetzt wieder im Zentrum der Debatte steht: Kerstin Kaiser. Noch während ihrer damaligen Kandidatur führte Kaisers frühere Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit zu Kontroversen auch in der eigenen Partei. Nachdem sie trotzdem in den Bundestag gewählt wurde, provozierte das eine Grundsatzdebatte in der PDS-Gruppe im Bundestag, wie sich Knake-Werner erinnert. „Es ging um Fragen wie: Wie will die PDS glaubwürdig bleiben? Ist sie anders als ihre Vorgänger und was ist Maßstab für das Anderssein?“ Und das in einer Zeit, als die PDS in erster Linie als SED-Nachfolgepartei wahrgenommen wurde. „Wir haben dann mehrheitlich gesagt: Diese Auseinandersetzung ist weder der Person von Kerstin Kaiser noch der Fraktion zuträglich“, erinnert sich Knake-Werner, die ab 1994 stellvertretende Vorsitzende der PDS-Gruppe im Bundestag war. Nachdem Kaiser von der Mehrheit nahegelegt wurde, das Mandat wegen ihrer Stasi-Verstrickung nicht anzunehmen, tat sie dies dann auch. „Das war eine konsequente Entscheidung“, lobt Knake- Werner rückblickend.

Angesichts der Stasi-Debatte um die Brandenburger Linksfraktion sagt die frühere Sozialsenatorin: „Ich finde es ungeheuer schade, dass die neue rot-rote Koalition so belastet wird.“ Die Schuld sieht sie dabei jedoch nicht in eventuellen Defiziten der eigenen Partei bei der Auseinandersetzung mit dem Stasi-Erbe. „Wir waren die einzige Partei, die ihre Vergangenheit so gründlich aufgearbeitet hat“, sagt sie. „Vorbildlich“ seien die Auseinandersetzung der 90er Jahre gewesen, ebenso der Parteibeschluss zur Offenlegung der Stasi-Verstrickung von Mandatsträgern. „Das war ein enormer Einschnitt und die Grundlage, ernsthaft mit jeder einzelnen Biografie umzugehen“, sagt Knake-Werner. Umso enttäuschter ist sie, „dass das offenbar nicht von allen wahrgenommen wurde“, wie die jetzt in Brandenburg bekannt gewordenen Fälle zeigten.

Neben Kritik an einzelnen Genossen macht Knake-Werner aber auch der Stasi-Unterlagenbehörde schwere Vorwürfe. „Empörend“ sei, wie jetzt alle Fälle mit Stasi-Bezug in die gleiche Schublade gesteckt würden. Die Tatsache, dass bei der Brandenburger Linken überproportional viele Abgeordnete mit Stasi-Vergangenheit bekannt wurden, erklärt Knake-Werner damit, dass ihre Partei wesentlich mehr im Fokus der Öffentlichkeit und der Stasi-Unterlagenbehörde stehe. Sie plädiert dafür, „jedem einzuräumen, dass man eine Chance hat, sich zu verändern“. Politiker wie Kerstin Kaiser oder auch der heutige Linken-Landeschef Thomas Nord hätten beide „in schmerzlichen Prozessen ihre eigene Vergangenheit aufgearbeitet“ und sich als „demokratietauglich“ erwiesen. Lars von Törne

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