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Umbenennung: Sie treffen wieder aufeinander

Die Umbenennung eines Teils der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße erfolgt noch in dieser Woche. Glücklich sind damit allerdings längst nicht alle Anwohner.

„Grausam“, findet Anwohnerin Renata Mlekus. Sie müsse nun alles ändern, was ihre Anschrift beinhaltet. Auch Patrick Knight, der bei Boecker Büro und Objektgestaltung in der Axel-Springer-Passage arbeitet, findet: „Das ist ein unnötiger Kostenfaktor.“ Die beiden sind mit einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg nicht einverstanden, die den Weg frei macht für die Umbenennung eines Teils der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße.

In der Redaktion der „taz“ macht sich dagegen Genugtuung breit. Die linke Zeitung hatte 2004 die Initiative zur Umbenennung gestartet und wird künftig unter der Adresse Rudi-Dutschke-Straße 18 zu erreichen sein. „Es ist eine historische Gerechtigkeit, dass die große Rudi- Dutschke-Straße auf die kleine Axel- Springer-Straße treffen wird“, sagte der stellvertretende Chefredakteur Peter Unfried. Die Rudi-Dutschke-Straße sei außerdem noch Vorfahrtsstraße. In den 60ern waren Dutschke und Springer erbitterte Feinde. So war der Studentenführer maßgeblich an der „Enteignet Springer“-Kampagne beteiligt.

Die Straßenschilder liegen bereit, und die Anwohner und Gewerbetreibenden in der Kochstraße zwischen Friedrichstraße und Lindenstraße/Ecke Axel-Springer-Straße sollten sich rasch neue Visitenkarten drucken lassen. „Die Umbenennung kann noch in dieser Woche passieren“, kündigte Franz Schulz, der bündnisgrüne Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, an.

In der Axel-Springer-Passage schräg gegenüber der „taz“ will sich ein Mitarbeiter der Axel Springer AG gerade etwas zu essen kaufen. „Den Kontrast finde ich gut“, sagt er und bezeichnet sich selbst als Altlinken. Sein Kollege schaut überrascht. „Ich finde das unnötig. Er hat ja schon einen Weg“, entgegnet der im Hinblick auf den privaten Rudi-Dutschke-Weg an der Freien Universität. Eine Sparkassenmitarbeiterin hält die Namensgebung für gerechtfertigt. „Er hat sich um das Land verdient gemacht, das sollte man ehren.“

„Uns war nicht klar, dass es so ein langer Weg werden würde“, sagt der stellvertretende „taz“-Chefredakteur Peter Unfried. Von der Initiative 2004 über einen Bezirksverordnetenbeschluss 2005 und einen Bürgerentscheid im vergangenen Jahr zog sich der Streit hin. Erst mit dem gestrigen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einen Schlusspunkt gesetzt. Es hat den Antrag auf Zulassung einer Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin von 2007 abgelehnt.

Der Antrag war die letzte Möglichkeit, die Umbenennung zu verhindern und wurde von 26 Klägern eingereicht, darunter der Axel Springer AG. Der Verlag will sich zu dem Urteil nicht äußern. Eine Sprecherin begründete das mit seiner Position in einer Klägergemeinschaft. Deren Anwalt Raimund Körner nannte das Urteil „enttäuschend“. Er wolle eine Verfassungsbeschwerde prüfen. Bürgermeister Schulz bereitet sich auf die feierliche Umbenennung vor. Es werde einen symbolischen Akt vor dem Axel-Springer-Haus geben.

Matthias Jekosch

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