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Alle Stühle oben: Was in der Schule nicht mehr unterrichtet wird, muss in Flüchtlingsunterkünften wieder aufgefangen werden.

© Sebastian Gollnow/dpa

Umfrage unter Schulkindern: Landesamt zieht Bilanz zum Homeschooling bei Geflüchteten

Die Homeschooling-Situation in Berliner Flüchtlingsunterkünften steht in der Kritik. Nun hat das zuständige Landesamt eine Bestandsaufnahme geliefert.

Keine Computer, kein Internet und keine Unterstützung: So beschrieben Hilfsorganisationen zuletzt den Zustand in Berliner Flüchtlingsunterkünften. Dem Nachwuchs fehle es an ausreichend Angeboten und Möglichkeiten, von zu Hause aus am Schulunterricht teilzunehmen. Kinder, die durch die Flucht einen ohnehin schon einen lückenhaften Bildungsweg aufweisen, würden nun vollkommen den Anschluss verlieren.

Mit einer Umfrage innerhalb seiner Unterkünfte hat nun das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) selbst eine vorläufige Bilanz zum Homeschooling gezogen. In den insgesamt 78 Unterkünften des LAF sind derzeit rund 18.500 Menschen untergebracht, 4043 von ihnen schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Wie Vertreter:innen des LAF in einem Pressegespräch mitteilten, erklärten sich 51 der Einrichtungen dazu bereit, an der Befragung teilzunehmen.

Das Ergebnis: Von 2699 durch die Studie miteinbezogenen Schulkindern hätten 1372 Kinder, also rund 50 Prozent, zu Beginn des Homeschoolings ein Gerät benötigt. Bisher sollen 530 von ihnen ein solches erhalten haben. Insgesamt 186 Schüler:innen erhalten Unterstützung in Form von Notbetreuung. Zudem gaben 46 der 51 Unterkünfte an, geflüchtete Kinder beim Lernen zu unterstützen, entweder analog oder digital.

LAF-Präsident Alexander Straßmeir sieht Licht und Schatten in dem Ergebnis der Umfrage: „Es gibt Angebote, aber nicht in dem Umfang, dass wir sagen können ‚alles bestens‘.“

Verfügbare Internetzugänge seien bereits vor der Pandemie als Standard für die Unterkünfte festgelegt worden. „Bis auf das Ankunftszentrum haben alle unsere Unterkünfte ein zentrales WLAN“, sagt Straßmeir. In 62 der 77 Unterkünfte seien auch Anschlüsse in den Zimmern vorhanden.

Bei manchen Einrichtungen müssten nicht nur Kabel neu verlegt werden

Jana Borkamp, Abteilungsleiterin der LAF-Unterkünfte, sieht dennoch Verbesserungsbedarf: „Manchmal gibt es theoretisch WLAN, aber wenn jemand einen Film guckt, wird es eng“. Die Festlegung eines Mindeststandards in Sachen Internetgeschwindigkeit stehe noch aus.

Zudem steht die Bausubstanz mancher Unterkünfte laut Borkamp schnellen Aufrüstungsarbeiten im Weg. Bei einigen Einrichtungen müssten nicht nur Kabel neu verlegt, sondern überhaupt erst infrastrukturelle Voraussetzungen geschaffen werden.

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Karen Windhorst, die drei Unterkünfte für das LAF leitet, erkennt Fortschritte in Sachen Homeschooling seit Beginn der Pandemie. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt die Deutschlandchefin der Hero Zukunft GmbH. Mit der Verteilung von Laptops und Tablets habe sie jedoch gemischte Erfahrungen gemacht: „Manchmal gibt es leichten Zugang, manchmal ist es nicht so einfach.“ Auch in den Einrichtungen ihres Unternehmens sei man nach wie vor auf die Unterstützung durch Spenden angewiesen.

„Nur wenige Kinder können sich das eigenständig erarbeiten“

Computer alleine reichten zugleich nicht aus, sagt Windhorst. Die Plattformen und Zugänge seien von Schule zu Schule verschieden: „Nur wenige Kinder können sich das eigenständig erarbeiten.“ Die größte Herausforderung in ihren Unterkünften stelle deshalb die personelle Unterstützung dar. Man arbeite viel mit Eltern und ehrenamtlichen Helfer:innen zusammen. Eine Aufstockung des Personals ist laut LAF dennoch unwahrscheinlich.

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Aufgrund fehlender Rückzugsräume findet ein großer Teil des Homeschoolings in den Gemeinschaftsräumen der Unterkünfte statt. In Zeiten der Pandemie würden den Betreiber:innen oft „sehr kreative“ Überlegungen abverlangt, sagt Borkamp. Mit eigenen Hygienekonzepten versuchten die Unterkünfte, den Spagat zwischen Lernhilfe und gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Sicherheit zu meistern.

Wie die Lage an Unterkünften aussieht, für die das LAF nicht zuständig ist, liegt weitestgehend im Dunkeln. Bis zu 500 Einrichtungen in Berlin, so die Schätzung Borkamps, fallen unter die Zuständigkeit der einzelnen Bezirke. Ihr zufolge sei die Lage für die dort nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) untergebrachten Geflüchteten „durchwachsen“.

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