zum Hauptinhalt
Zurzeit gilt im Einzelhandel, wie hier an der Schönhauser Allee: Impfpass bereit halten.

© imago images/Seeliger

Am verkaufsoffenen Sonntag: Dramatischer Einbruch des Weihnachtsgeschäfts in Berlin

Am ersten verkaufsoffenen Sonntag verzeichnen die Händler in Berlin einen Umsatzrückgang im Vergleich zu 2019 von 50 Prozent. Der Handelsverband fordert eine Impfpflicht.

Die Zahlen sind „dramatisch“. Das erklärte Philipp Haverkamp, der Sprecher des Handelsverbands Berlin-Brandenburg. „Am ersten verkaufsoffenen Sonntag im Dezember hat der Umsatz 50 Prozent unter dem vergleichbaren Ergebnis von 2019 gelegen.“ 2020 nahm er nicht als Maßstab, weil Corona da die Wirtschaft bereits massiv getroffen hatte.

Erschwerend „kam dazu, dass die Händler wegen der verschärften Corona-Regeln einen erhöhten Personalbedarf haben, der dann die ohnehin schmalen Gewinne noch weiter reduziert“, sagte Haverkamp. Seit kurzem ist Einkaufen nur noch nach den 2G-Regeln erlaubt, das heißt, jeder Kunde muss geimpft oder genesen sein. Die Händler müssen die Einhaltung der Regeln genau kontrollieren.

Die Stimmung unter den Händlern sei „gedrückt“, sagte Haverkamp. Er forderte im Namen seines Verbands „dringend die Einführung einer Impfpflicht“. Damit sollten die Händler von den Kontrollen entlastet werden, „die nicht ihre Aufgabe“ seien.

In der Shopping-Meile Schlossstraße in Steglitz gibt es am Sonntag bei einer nicht repräsentativen Umfrage Verständnis für die verschärften Maßnahmen. Vor einem Kaufhaus sagt Anneliese Porth, dass sie „sehr froh über diese Regelungen“ sei. 

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Zum Beweis zieht sie mit einer schnellen Bewegung Handy und Personalausweis aus ihrer Manteltasche – alles parat für die schnelle Kontrolle. Neben ihr steht ihr Mann Detlef, auch er „begrüßt“ die verschärften Regeln. „Ich kann verstehen, dass sich jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lässt, aber ansonsten habe ich kein Verständnis für die Weigerung.“

Ein Impfverweigerer wurde im Supermarkt ausfallend

Beide haben Impfverweigerer beim Einkaufen erlebt. „In einem Supermarkt habe ich einen Mann ohne Maske gesehen“, sagt Detlef Porth. „Nachdem ich ihn angesprochen habe, antwortete er, er sei Rechtsanwalt und brauche keine Maske.“ 

Porth habe eine Kassiererin vergeblich gebeten, den Filialleiter zu holen. „Da stand ich doof da. Andere Kunden haben sich aber auch empört.“ Der Rechtsanwalt sei normal bedient worden. „Am Ende“, sagt Detlef Porth, „erklärte mir der Anwalt noch, ich sei ein dummer Mensch.“

Seiner Frau gibt so eine Reaktion zu denken. „Man überlegt sich schon, ob man etwas zu solchen Menschen sagt. Denn einige reagieren ja rau.“

Ein Mitarbeiter eines Fast-Food-Restaurants in der Schlossstraße erlebt als Betroffener die Aggressionen der Impfgegner direkt. „Eine Frau hatte mal extrem erbost reagiert, als sie ihren Impfausweis zeigen sollte“, sagt er. Das war aber nur die aggressivste Form der Ablehnung. „Täglich zehn Kunden“ habe er, die entweder keinen Impfausweis vorzeigen wollten oder sonstige Probleme mit den Regeln hätten.

Eine Bistrobetreiberin betrachtet 2G „widersprüchlich“

Im Boulevard Berlin, der Shopping Mall in der Schlossstraße, betreibt Sybille Jentsch das Bistro in einem Fitnesscenter. Sie betrachtet die verschärften Maßnahmen „widersprüchlich“. Einerseits unterstützt sie die Regeln aus gesundheitlicher Sicht, andererseits „hätte man früher auf Nachtests bestehen sollen“. Aber „natürlich hätte man das alles nicht, wenn sich mehr Leute endlich impfen ließen“.

[Behalten Sie den Überblick: Corona in Ihrem Kiez. In unseren Tagesspiegel-Bezirksnewslettern berichten wir über die Krise und die Auswirkungen auf Ihren Bezirk. Kostenlos und kompakt: leute.tagesspiegel.de]

Sie ist durch die Maßnahmen wirtschaftlich erheblich betroffen. Früher hatte sie „20 bis 30 Kunden am Tag, die auch gegessen haben“, jetzt kommen „vielleicht zwei Kunden, die aber nicht essen“. Aber sie muss ja bei minimalem Umsatz trotzdem für Einkauf und anderes sorgen. „Mir wäre ein kompletter Lockdown deshalb lieber“, sagt sie. Dann könnte sie sich diese Unkosten sparen.

Auch Kerstin Scholze (Name geändert) findet die „2G-Regeln in Ordnung“. Vor dem Boulevard Berlin sagt sie: „Man fühlt sich sicherer.“ So denken allerdings nicht alle in ihrem Umfeld. „Ich kenne Leute, die sich nicht impfen lassen. Die einen argumentieren mit der Angst aus Langzeitschäden.“ Und die anderen? „Die sind einfach nur stur.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false