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Der „Kueka“-Stein 2012 im Tiergarten.

© Maurizio Gambarini dpa/lbn

Update

Umstrittene Kunstinstallation im Tiergarten: Heiliger Stein kehrt nach Venezuela zurück

Seit Jahren fordert die venezolanische Regierung die Rückgabe des „Kueka“-Steines. Er soll ein Heiligtum des indigenen Volkes der Pemón sein.

Ein fast 35 Tonnen schwerer Stein namens „Kueka“ kehrt aus Berlin nach Venezuela zurück. Bereits am Montag ist der Findling im Tiergarten mithilfe eines Krans verladen und abtransportiert worden, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes dem Tagesspiegel bestätigte. Jahrelang hatte Venezuelas Regierung mit dem Auswärtigen Amt über eine Rückgabe des Steines verhandelt, der im Tiergarten Teil einer Kunstinstallation war.

Venezuelas sozialistische Regierung unter Nicolás Maduro behauptet, dass der Stein illegal aus dem Land entwendet worden sei. Es handele sich bei dem Findling um ein als „Abuela Kueka“, also Großmutter Kueka, bekanntes Heiligtum des indigenen Volkes der Pemón. Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza veröffentlichte auf Twitter zahlreiche Fotos und ein Video des Abtransports.

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Der Transport zurück in den Bundesstaat Bolívar dauere mehrere Wochen. Die Rückführung sei das Ergebnis der Beharrlichkeit der Pemón und des Präsidenten Maduro, twitterte Arreaza. Das Auswärtige Amt bestätigte Verhandlungen mit Venezuela. Der derzeitige Standort des Steins und die weitere Transportroute seien nicht bekannt. „Es handelt sich um eine Schenkung“, heißt es. Die Kosten für die Entnahme und den Transport des Steines trage Venezuela.

Venezuela fordert seit Langem die Rückgabe

Der Stein war Teil des „Global Stone Project“, das der Künstler Wolfgang Kraker von Schwarzenfeld im Tiergarten errichtet hatte. Fünf Felsbrocken aus fünf Kontinenten sollten Erwachen, Hoffnung, Vergebung und Frieden repräsentieren, der rötlich gefärbte Stein aus Venezuela stand für die Liebe. Er befand sich seit 1999 am östlichen Rand des Tiergartens, nahe der Ebertstraße.

Die venezolanische Regierung fordert seit Langem die Rückgabe des Steines. Der ehemalige Präsident Hugo Chávez ließ 2003 die Verfassung ändern, um die Rechte der Ureinwohner zu stärken. Im selben Jahr kündigte er an, den Stein zurückhaben zu wollen.

Auch Vertreter der Pemón und die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, die Unesco, setzten sich dafür ein. Am Dienstag schrieb die Unesco auf Twitter, sie begrüße die Einigung zwischen Deutschland und Venezuela. Die Organisation freue sich für die Pemón, die ein Objekt ihres kulturellen und spirituellen Erbes zurückbekomme.

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Der Linken-Politiker Andrej Hunko ist einer derjenigen, die sich für die Rückführung des Steines eingesetzt haben. Er freue sich, dass der Stein nun zurückgegeben wird, sagte er dem Tagesspiegel. Obwohl er bereits entsprechende Signale vernommen habe, sei der Abbau am Montag überraschend gewesen.

Die Verhandlungen um die Rückgabe des Steines nennt er „delikat“ und einen „bemerkenswerten Vorgang diplomatischer Kooperation“ angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung die sozialistische Regierung unter Maduro nicht offiziell anerkennt. Deutschland erkennt stattdessen seit 2019 den selbsternannten Interimspräsidenten Venezuelas Juan Guaidó an.

Großmutter und Großvater

Hunko, der europapolitischer Sprecher der Linken im Bundestag ist, war im April 2019 selbst nach Venezuela gereist und sprach dort auch mit Vertretern der Pemón. Für ihn sei unstrittig, dass der Stein für die ansässige Gemeinde eine bedeutende Rolle in ihrer Mythologie spielt.

Eine venezolanische TV-Dokumentation aus dem Jahr 2009 erzählte die Legende der „Kueka“. Demnach sei das Pendant zur „Großmutter Kueka“ der „Abuelo Kueka“, also der Großvater. Die beiden Steine repräsentieren für die Pemón Verliebte aus unterschiedlichen Dörfern, die für ihre verbotene Liebe von einem Zauberer in Steine verwandelt wurden.

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Schwarzenfeld bestritt stets, dass er den Stein illegal entwendet habe. Der Künstler entdeckte den Stein 1998 im Canaima-Nationalpark im Bundesstaat Bolivar. Er habe damals mit Parkbehörden und den ansässigen Ureinwohnern verhandelt und sich Genehmigungen und Unterschriften eingeholt, um den Stein mitnehmen zu können, sagte Schwarzenfeld dem Tagesspiegel 2012. Entsprechende Dokumente hat er auf der Internetseite seines Kunstprojekts hochgeladen.

Der Künstler will in Brasilien einen neuen Stein suchen

Als Vermittler schaltete sich damals auch der Ethnologe Bruno Illius ein. Er reiste im Frühjahr 2011 nach Venezuela und kam zu dem Schluss, dass die Pemón nicht offiziell gefragt wurden, ob der Stein entfernt werden darf. Er sei ihnen aber auch kein Heiligtum. Illius vermutete, dass die Proteste der Ureinwohner politisch motiviert sind, da die Pemón-Gemeinde Chávez-Anhänger sei. Hugo Chávez war der erste Präsident Venezuelas, der selbst indigene Wurzeln hat.

Schwarzenfeld sagte der „B.Z.“ jetzt, er sei froh, dass der Konflikt beendet ist. Er wolle nun in Brasilien einen neuen Stein als Ersatz suchen. Die fünf Steine im Tiergarten waren so aufgestellt und bearbeitet, dass sie alljährlich zur Sommersonnenwende die Sonnenstrahlen bündeln und eine Verbindung miteinander entstehen lassen. Mit der Installation wollte Schwarzenfeld die Verbundenheit der Menschen in aller Welt symbolisieren.

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