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Berlin: Umweltgifte: Gefährliche Chemikalien lagerten neben Kita

Ahnungslos lebten die Anwohner um die Immanuelkirchstraße 14 in Prenzlauer Berg möglicherweise Jahrzehnte neben einer chemischen Zeitbombe. Über 80 Fässer und Kanister mit teils brennbaren und gesundheitsgefährdenden Stoffen sind auf dem früheren Industriegelände gefunden worden.

Ahnungslos lebten die Anwohner um die Immanuelkirchstraße 14 in Prenzlauer Berg möglicherweise Jahrzehnte neben einer chemischen Zeitbombe. Über 80 Fässer und Kanister mit teils brennbaren und gesundheitsgefährdenden Stoffen sind auf dem früheren Industriegelände gefunden worden. Die Zweite Grundschule und eine Kindertagesstätte liegen in unmittelbarer Nähe. Der Spielplatz der Kita grenzt direkt an das Grundstück.

Bei den Chemikalien handelt es sich um verschiedene Säuren, Lösungsmittel, Klebstoffe, die teils bereits knochenhart geworden waren, Wasserstoffperoxid, Benzol, Dieselöl, Benzin, Zinkoxid zur Farbenherstellung, Bitumen, Altöl, Ammoniak, Spiritus und große Mengen Schwefelpulver, sogenannter Kolloidschwefel, der aufgrund seiner Feinstkörnigkeit auch explodieren könne, sagte der Chef der Umweltkripo, Hans-Jörg Richter. Im Falle eines Brandes wären womöglich krebserregende Substanzen entstanden. Auch Embolien oder Schädigungen des zentralen Nervensystems schloss er als mögliche Folgen nicht aus. Glücklicherweise hatte es in der Vergangenheit dort keinen Zwischenfall gegeben.

Errichtet wurde der Industriebau um die Jahrhundertwende und beherbergte zunächst einem Sanitärgroßhandel. In den vergangenen Jahrzehnten produzierten zwei Firmen auf dem Grundstück. Zunächst begann gleich nach Kriegsende eine Firma dort mit der Fertigung von Schuhen und Sohlen, später stellte ein volkseigener Betrieb in dem Ziegelbau Schutzhelme her. Ob diese Firmen die Chemikalien hinterlassen haben oder ob sie womöglich von einem kriminellen Billigentsorger dort hingeschafft worden sind, ist unklar.

Im Altlastenverdachtskataster der Stadtentwicklungsverwaltung ist dieser Bereich jedenfalls verzeichnet. In dem Kataster werden Firmen registriert, die umweltgefährdende Stoffe verwendet haben und dient unter anderem zur Information von Käufern, Bauherren und Investoren über die mögliche Verunreinigung von Grundstücken.

Die Kriminalpolizei war auf die giftigen Chemikalien aufmerksam geworden, nachdem zuvor Kollegen der Schutzpolizei bei einem Einsatz in einem Billardcenter, das nun in einem Teil des früheren Industriebaus seinen Sitz hat, auf dem Hof verrottete Fässer entdeckten und vorsorglich die Umweltkripo benachrichtigten.

Das Grundstück hat am 1. Oktober den Eigentümer gewechselt, der neue Eigentümer baut dort zur Zeit ein Altenheim. Dessen Bauleiter Gerhard Fiß versteht die ganze Aufregung nicht. Man sei selbst bereits im Dezember auf die zahllosen alten Fässer und Kanister gestoßen und habe daraufhin auch mehrere Angebote von Entsorgungsfirmen eingeholt. Das Unternehmen, das schließlich den Zuschlag erhielt, hätte ohnehin vertragsgemäß gestern mit der Entsorgung der Chemikalien beginnen sollen, sagte Fiß. Seit den gestrigen Morgenstunden waren Mitarbeiter dieser Firma damit beschäftigt, mit Atemschutzmasken und in schützenden weißen Anzügen die umweltgefährdenden Stoffe in Container zu verladen.

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