zum Hauptinhalt
Pitschnasser Vogel. Wowereit kippte am Dienstag Wasser auf den A 380. Das passte zu der etwas bizarren Taufe, denn eigentlich sollte sie ja zwei Tage vor der großen Eröffnungsfeier in BER stattfinden. Es kam bekanntlich anders. Foto: dpa/Wolfgang Kumm

© dpa

Berlin: Und Berlin hebt doch ab

Zur Taufe des Riesenflugzeugs A 380 gab es erst Spreewasser, dann Spucktüten.

Nicht einmal hier oben wird er den Flughafen los, nicht einmal in 1000 Metern Höhe: Klaus Wowereit sitzt in einem edlen braunen Sessel in der ersten Klasse des A 380. Die Turbinen summen, die Klimaanlage auch. Weit unten, durch das kleine Fenster der Riesenflugzeugs, kann man den unfertigen Großstadt-Airport sehen. Es ist, als verfolge er Wowereit in diesen Tagen. Und am liebsten würde der Politiker wohl gar nicht hinschauen.

„Da ist er, können Sie ihn sehen?“ Neben Wowereit sitzt Christoph Franz, Chef der Lufthansa. Er hat das heute alles organisiert: Die Taufe des A 380 und den Bürgermeister als Taufpaten. Die Presse war gekommen und eine bunte Horde Kinder aus Berlin. Es gab Reden und Häppchen mit Entenbrust. Am Nachmittag startete dann der Rundflug über Berlin – In so geringer Höhe übrigens, dass Anwohner in Kleinmachnow verängstigt zum Himmel starrten, als sie den Koloss über ihren Köpfen sahen. Und auch im Inneren des Flugzeugs wurde es wegen der niedrigen Flughöhe turbulent. Einige Kinder brauchten sogar Spucktüten wegen der Übelkeit.

Irgendwie passte das in Bild. Denn unglücklicher hätten die Umstände kaum sein können. Die Taufe des Riesenflieger war nämlich auch als Appetitmacher auf die nun abgesagte Eröffnungsparty am 24. Mai gedacht; am 3. Juni sollte BER in Betrieb gehen. Nach dem Flughafendebakel war die Taufe dann eher ein Termin, der allen Verantwortlichen ein bisschen peinlich sein musste. Denn die Vorzeichen waren nicht schön.

Da wäre zum einen die Lufthansa. Das Unternehmen ist sauer, weil die Verzögerung der Flughafeneröffnung die Fluglinie viel Geld kosten wird. Sie erwägt deshalb eine Klage gegen die Berliner Flughafengesellschaft. Trotzdem tauft sie ihr größtes Passagierflugzeug als „fliegenden Botschafter" auf den Namen „Berlin". Ein Name, der in der Branche mittlerweile für Bruchlandung steht. Und dann war da eben Klaus Wowereit, der als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft das Debakel mitzuverantworten hat. Als Taufpate. Wie vor ihm schon Willy Brand. Der ehemalige Bürgermeister und Bundeskanzler hatte 1961 eine Boeing 707 ebenfalls auf den Namen „Berlin“ getauft. Bekanntlich wird der neue Flughafen seinen Namen tragen.

Und so versuchte Wowereit, sich nichts anmerken lassen. Schon, als er vor dem Start von Christoph Franz ein wenig herrisch über das Gelände manövriert worden war. Und auch die Sticheleien der Journalisten zum Flughafendesaster ertrug er tapfer, als er als Taufpate Spreewasser über das Flugzeug goss. Champagner passe nämlich nicht zu Berlin, fand die Lufthansa. Jonas Breng

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false