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Berlin: Und jetzt alle

Heute Abend wird zusammen gebetet und gesungen Die ökumenische Idee von Taizé lebt auch in Berlin

Wie wunderlich die Unterschiede zwischen den Konfessionen oft sind, zeigt sich sehr anschaulich am Beispiel des Weihnachtsfests und der Frage, wer nun eigentlich die Geschenke unter den Baum legt. Im 18. Jahrhundert haben die evangelischen Kinder an das Christkind geglaubt, die katholischen an den Weihnachtsmann. Heute ist es komischerweise genau umgekehrt: In den protestantisch geprägten Regionen Deutschlands herrscht der Weihnachtsmann, in den katholischen das Christkind.

Zum Glück gibt es Christen, die – trotz aller Widerstände und Misserfolge – die ökumenische Bewegung vorantreiben. Die erfolgreichsten sind wohl die Brüder von Taizé, einem kleinen Kloster in Frankreich. Es liegt auf einem Hügel auf halber Strecke zwischen Dijon und Lyon, ein Schweizer hat es 1940 gegründet, die Bruderschaft setzt sich aus Katholiken, Protestanten und Orthodoxen zusammen. Und: Interessierte dürfen für eine Woche nach Taizé kommen, um mit den Brüdern zu beten, zu singen und nachzudenken. Das Angebot nutzen inzwischen mehrere Tausend Christen – pro Woche! Vor allem Jugendliche begeistern sich für Taizé, aber auch die Oberhäupter der Konfessionen sind der Bewegung sehr wohlgesonnen. Selbst der Papst. Inzwischen haben sich in allen europäischen Großstädten Taizé-Kreise gebildet, die regelmäßig Andachten abhalten. In Berlin gibt es gleich mehrere Gruppen, auch in der Vorweihnachtszeit kommen sie zusammen: Heute Abend findet eine Andacht in der Segenskirche in Prenzlauer Berg statt, morgen eine zweite in Schöneberg. Man kann einfach vorbeischauen, ohne jede Vorkenntnis. Die Lieder sind leicht zu lernen, wer will, darf auf dem Boden sitzen, sogar hinlegen ist erlaubt. Wie es gerade am bequemsten ist. Oft werden Kerzen angezündet.

Das mag jetzt nach Sekte klingen oder nach einer Versammlung von harmoniesüchtigen Esoterik-Freaks. Aber so ist es nicht. Taizé- Menschen stehen mitten im Leben. Und für einen Abend fühlt es sich sehr gut an, den Alltagsstress zu vergessen, den Kopf frei zu kriegen und in Vorweihnachtsstimmung zu kommen. Ganz automatisch stellt sich da ein starkes Gemeinschaftsgefühl ein, egal, ob die Leute um einen herum auf den Weihnachtsmann oder das Christkind warten. Sebastian Leber

Heute um 19.30 Uhr findet eine Taizé- Andacht in der Segensgemeinde, Schönhauser Allee 161, in Prenzlauer Berg statt. Am Sonnabend wird ab 18 Uhr im Pfarrhaus der Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 3, in Schöneberg gebetet und gesungen. Infos unter www.taize.fr/de.

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