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Nachgezeichnete Schleifspuren auf der Windscheidstraße Ecke Kantstraße in Charlottenburg, wo der Unfall passierte.

© Kay Nietfeld/dpa

Unfall in Berlin-Charlottenburg: Augenzeugin berichtet: „Wie ein helles Geschoss“

Drei junge Männer werden von der Polizei beim Diebstahl erwischt und rasen davon – betrunken und ohne Rücksicht. Nun ist eine 22-jährige schwangere Passantin tot.

Sie lenkte den ersten Wagen, der gerammt wurde. Vom Fluchtwagen dreier Serben, nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei am Mittwochabend mitten durch die City West. Sie fuhr mit Tempo 50 auf der Kantstraße, die Ampel an der Ecke Windscheidstraße zeigte bereits seit einiger Zeit grün.

Dann der Knall. „Wie ein helles Geschoss“ schlug der Audi der Flüchtigen mit offener Beifahrertür in den vorderen rechten Kotflügel ihres grünen Skoda ein, erzählt sie, „ich dachte ganz kurz: Das war’s.“ Die Airbags platzen auf, die Fahrertür klemmte, sie verließ den Wagen über die rechte Seite.

Sabine Sasse, Projektleiterin des jährlichen Medientreffens M100 Sanssouci Colloquiums, war zusammen mit einer Freundin auf dem Rückweg von einer Lesung in der Landesbibliothek Potsdam, wo Michael Angele sein Schirrmacher-Buch vorgestellt hatte.

Kaum jemand blieb stehen und gaffte

Im Krankenhaus diagnostizierten die Ärzte später eine leichte Verletzung an der Hand, die Freundin erlitt ein Schleudertrauma. Sasse schilderte dem Tagesspiegel die Minuten nach dem Crash: Passanten und Restaurantbesucher liefen zu den Verletzten, stützten und beruhigten sie, holten Wasser aus den Gaststätten und gaben ihnen zu trinken. Kaum jemand blieb nur als Gaffer stehen.

Sehr schnell waren Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen an der Unfallstelle, die sofort abgesperrt wurde. Zwei Männer lagen mit Handschellen auf dem Boden, die tödlich verletzte Radfahrerin wurde abgeschirmt. Auf der Kantstraße blieb ein Bild der Verwüstung, Glasscherben, Plastiksplitter von Autoteilen.

„Es tut uns wahnsinnig leid für die das Opfer und die Angehörigen“, sagt Sabine Sasse am Tag danach. Sie weiß, wie viel Glück sie selbst gehabt hat, auf Facebook schreibt sie: „Ich kann es kaum fassen, dass wir noch leben. Gestern wäre mein Vater 82 Jahre alt geworden. Vielleicht hat er seine schützende Hand über uns gehalten. Unser tiefstes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen der getöteten Radfahrerin.“

Sie schob ihr Rad

Sie war 22 Jahre alt. Und an diesem Abend unterwegs, auf dem Gehweg schob sie ihr Fahrrad entlang. Der Fluchtwagen raste über die Kreuzung und erfasste sie mit hoher Geschwindigkeit. Trotz Reanimationsversuchen der Nothelfer starb die Frau noch am Unfallort. Sechs weitere Menschen wurden verletzt, zwei von ihnen schwer.

Seinen Anfang nahm alles gegen 21.30 Uhr. Zivilfahnder der Polizei beobachteten in der Westfälischen Straße in Wilmersdorf kurz vor der Brandenburgischen Straße, wie drei Personen aus einem geparkten, aufgebrochenen Transporter Werkzeug holten und in ihren Wagen schafften. Als sie fertig waren und losfuhren, folgten ihnen die Ermittler.

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Gemeinsam mit anderen Zivilstreifen konnten sie den Wagen in der Lewishamstraße kurz vor dem Stuttgarter Platz einkeilen und stoppen. Die Beamten stiegen aus, doch der Fahrer des Fluchtwagens gab nicht auf, setzte vor und zurück – und klemmte dabei einen Zivilfahnder, der am Bein verletzt wurde.

Polizeibekannt durch Diebstähle

Der Fahrer konnte den Wagen über Mittelstreifen steuern und raste auf der Gegenfahrbahn davon, dann links auf den Stuttgarter Platz, rechts in die Windscheidstraße, an der Kantstraße stand die Ampel auf Rot – er raste mit hohem Tempo weiter. Der Wagen rammte zuerst den Skoda von Sabine Sasse, die Richtung Osten fuhr, dann auf der anderen Fahrbahn einen Passat, der Richtung Westen unterwegs war.

Der Fluchtwagen schleuderte gegen einen anderen  Wagen, der kurz hinter der Kreuzung geparkt war, erfasste die Radfahrerin, schleuderte weiter durch die Windscheidstraße, stieß dann kurz vor der nächsten Kreuzung zur Pestalozzistraße gegen ein weiteren geparkten Wagen und kam zum Stehen.

Der betrunkene Fahrer, ein 27-Jähriger, wollte noch zu Fuß flüchten, nach wenigen Metern hatten ihn Polizisten gefasst. Im Fluchtwagen fanden sie zwei Schwerverletzte, 14 und 18 Jahre alt. Der ältere von beiden war laut Polizei „in einem kritischen Zustand und musste notoperiert werden“.

Alle drei sind Serben und wohnhaft in Berlin. Die Polizei kennt die beiden Jüngeren schon, nicht als Intensivstraftäter, aber weil sie Autos aufgebrochen und Gegenstände daraus gestohlen haben. Und nun, weil eine unbeteiligte junge Frau ihr Leben verloren hat.

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